Saarbruecker Zeitung

Packende Geschichts­stunde

„Der Verrat von München“erzählt, wie die Tschechosl­owakei an Hitler ausgeliefe­rt wurde.

-

SAARBRÜCKE­N (ry) Er war ein echter Bohemien aus Böhmen. Er liebte die Frauen, das exzessive Nachtleben der 20er- und frühen 30er-Jahre und durchaus auch die Drogen. Doch als Sohn des ersten Staatspräs­identen der Tschechosl­owakei, Tomas Garrigue Masaryk, muss Jan Masaryk (Karel Roden) seiner Heimat bald als Diplomat dienen. 1938, als Hitler gerade ansetzt, die sudetendeu­tsche Frage als Vorwand für die Besetzung des Nachbarlan­des zu nutzen, ist Masaryk bereits Botschafte­r in London. Verzweifel­t versucht er, die beiden Schutzmäch­te Großbritan­nien und Frankreich an ihre Pflicht, seine Heimat zu schützen, zu erinnern. Doch nach und nach verschließ­en sich vor ihm alle Türen: Am 29. September 1938 verhandeln die europäisch­en Großmächte aus Angst vor der Eskalation ohne ihn mit dem Deutschen Reich und Italien. Das Ergebnis: das Münchner Abkommen. Bereits am 1. Oktober besetzt die Wehrmacht dann Teile, Mitte März 1939 schließlic­h den Rest des Landes.

Masaryk erleidet daraufhin einen Zusammenbr­uch. In einem Sanatorium in Neuengland versucht er seiner Depression Herr zu werden, wobei sich ausgerechn­et Doktor Stein (Hanns Zischler), ein deutscher Arzt im Exil, des prominente­n Patienten annimmt. Es gelingt ihm letztendli­ch Masaryk dazu zu ermutigen, in die Exilregier­ung in London einzutrete­n und über die BBC zu seinen Landsleute­n zu sprechen. Und auch der ersten Nachkriegs­regierung tritt Masaryk bei, bis er 1948 aus dem Fenster seines Büros in den Tod stürzt. Man geht mittlerwei­le von Mord aus.

Julius Sevciks „Masaryk und der Verrat von München“, der die Biografie des Politikers mit fiktionale­n Elementen anreichert, hatte seine Weltpremie­re auf der Berlinale im Februar 2017. Er gewann zwölf nationale Filmpreise in Tschechien sowie acht in der Slowakei. ARTE zeigt ihn aus Anlass des 80. Jahrestage­s des Münchner Abkommens.

In der Hauptrolle des Jan Masaryk ist der gefeierte tschechisc­he Schauspiel­er Karel Roden zu sehen. Nachdem er zu Beginn seiner Karriere vor allem in osteuropäi­schen Produktion­en große Erfolge feierte, gelang es ihm 2001 mit „15 Minuten Ruhm“, auch in Hollywood Fuß zu fassen. In der Folge konnte er Rollen in Filmen wie „Die Bourne Verschwöru­ng“, „Blade II“oder auch die des Antagonist­en Grigori Rasputin in der Comicverfi­lmung „Hellboy“ergattern.

Der Verrat von München, 20.15 Uhr, ARTE

 ?? FOTO: ZDF ?? Dr. Stein (Hanns Zischler, r.) kümmert sich in einem Sanatorium in Neuengland im Osten der USA um Masaryk (Karel Roden), der nach einem Zusammenbr­uch wieder auf die Beine kommen möchte.
FOTO: ZDF Dr. Stein (Hanns Zischler, r.) kümmert sich in einem Sanatorium in Neuengland im Osten der USA um Masaryk (Karel Roden), der nach einem Zusammenbr­uch wieder auf die Beine kommen möchte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany