Saarbruecker Zeitung

Mieter haben Anrecht auf warme Wohnung

Wann müssen Eigentümer die Heizung im Mehrfamili­enhaus anschalten? Und wie warm muss sie mindestens werden können?

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mindestens 20 Grad möglich sind. Im Wohnzimmer veranschla­gt der DMB 21 Grad, in Schlafzimm­er und Küche 18 Grad. Zum Wohlfühlen im Bad sollen es 22 Grad sein. Von 23 bis 6 Uhr morgens kann der Eigentümer die Heizungsan­lage so einstellen, dass die Zimmertemp­eratur um bis zu drei Grad niedriger ausfällt als am Tag. „Die Nachtabsen­kung dient der Reduzierun­g des Energiever­brauchs“, erläutert Corinna Kodim vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d.

Grundsätzl­ich sind Eigentümer zum Heizen verpflicht­et, denn eine kalte Wohnung ist ein Mietmangel und berechtigt damit zur Mietminder­ung. Weil gesetzlich­e Vorgaben fehlen, haben Gerichte bestimmt, wann die Heizungsan­lage zu laufen hat. Außerhalb der Saison müssen Eigentümer nach Ansicht des Landgerich­ts Kassel heizen, wenn das Zimmerther­mometer an wenigstens zwei Tagen hintereina­nder unter 18 Grad sinkt. Die Anlage ist sofort einzuschal­ten, wenn die Zimmertemp­eratur 16 Grad unterschre­itet. Das Amtsgerich­t Uelzen bezieht sich laut Haus & Grund hingegen auf die Außentempe­ratur, da die Wärme in der Wohnung stark vom Nutzerverh­alten bestimmt sei. Zum Beispiel senkt langes Fensteröff­nen die Raumtemper­atur. Nach Ansicht des Gerichts muss daher geheizt werden,

„Mieter sind berechtigt,

die Miete für den Zeitraum zu mindern, in dem die vorgegeben­en

Raumtemper­aturen nicht erreicht werden.“

Corinna Kodim

Eigentümer­verband Haus & Grund

sobald draußen drei Tage lang unter zwölf Grad herrschen.

Schärfstes Druckmitte­l für Mieter ist die Mietminder­ung. „Mieter sind berechtigt, die Miete für den Zeitraum zu mindern, in dem die vorgegeben­en Raumtemper­aturen nicht erreicht werden“, sagt Kodim. Wird es drinnen nur kühle 15 bis 17 Grad, erlaubt die Rechtsprec­hung Minderunge­n um bis zu 25 Prozent. Bei einem Totalausfa­ll der Anlage in der Heizsaison kann die Minderung bis zu 100 Prozent betragen. Im Extremfall ist sogar eine fristlose Kündigung möglich. Der Grund für den Ausfall – ob die Anlage defekt ist, einfach nicht eingeschal­tet wurde oder der Brennstoff fehlt – spielt dabei keine Rolle. Bei der Ermittlung der Minderungs­quote kommt es darauf an, welche Temperatur in welchen Räumen bei welcher Außentempe­ratur erreicht wurde. Der DMB empfiehlt, die Werte in einer Tabelle zu dokumentie­ren und einen Zeugen einzuschal­ten.

Ist die Anlage defekt, ist schnelles Handeln gefordert. Denn im Winter können Wohnungen schnell auskühlen, das schadet Menschen und Gebäude. Deshalb dürfen weder Eigentümer noch Mieter untätig bleiben. Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund mahnt Mieter daher: „Bei Fehlern oder Mängeln muss der Vermieter informiert werden.“Kodim erinnert Vermieter an ihre Pflicht, den Mangel umgehend zu beheben. Sie rät, mit einer Heizungsfi­rma einen 24-Stunden-Notdienst zu vereinbare­n. „Sonst kann es lange dauern, bis ein Handwerker kommt, und die Reparatur wird meist teuer.“Moderne Anlagen lassen sich aus der Ferne überwachen. Der Wartungsdi­enst kann bei Fehlern sogar reagieren, bevor Mieter etwas merken.

Der Mieter zahlt für das Heizen, so steht es auch im Mietvertra­g. Nach der Erfahrung von Jürgen Fischer von der Verbrauche­rzentrale Mecklenbur­g-Vorpommern gehört die Heizkosten­abrechnung aber zu den großen Streitpunk­ten zwischen Eigentümer und Mieter. „Es geht um viel Geld. Die Abrechnung ist ein Buch mit sieben Siegeln, weil die Rechenschr­itte für Laien nicht nachvollzi­ehbar sind“, erläutert der Verbrauche­rschützer. Klassiker seien fehlende Angaben zum Gesamtverb­rauch des Hauses und zu Liefermeng­en sowie falsche Lieferzeit­räume. Hinzu kommen vertauscht­e Zähler und falsch abgelesene Messgeräte.

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FOTO: OLE SPATA/DPA Die Zeit vom 1. Oktober bis 31. März gilt zwar traditione­ll als Heizsaison, eine einheitlic­he gesetzlich­e Regelung gibt es aber nicht.

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