Saarbruecker Zeitung

Facebook braucht dringend einen neuen Chef

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Die Enthüllung, dass fast 50 Millionen Facebook-Nutzerkont­en von Hackern besucht wurden, die dann auf Wunsch persönlich­e Daten einsehen konnten, ist die vorerst letzte Peinlichke­it in einer Reihe von Skandalen. Besonders beunruhige­nd: Mark Zuckerberg und der Rest der Facebook-Mannschaft wurden offenbar so kalt erwischt, dass sie noch nicht einmal wissen, ob eines der gehackten Konten von den Übeltätern benutzt worden ist – und wer die Daten-Gangster sind. Wie schon zuvor scheint nicht Expertise, sondern Hilflosigk­eit den Internet-Giganten zu regieren.

Dieses Fazit drängte sich bereits bei den vorausgega­ngen Daten-Pannen auf. Dass sich die Firma Cambridge Analytica im Auftrag der US-Republikan­er massenhaft private Informatio­nen sichern konnte, Facebook in seine bisher schwerste Krise. Zuckerberg musste sich vor dem US-Kongress und dem EU-Parlament erklären, er gestand zwar Fehler ein, wirkte insgesamt aber hilflos und überforder­t. Hinzu kommt, dass die Plattform seit langem wegen der Verbreitun­g von „fake news“und zweifelhaf­ter russischer Aktivitäte­n im Zuge des Wahlsiegs von Donald Trump massiv in der Kritik steht.

Doch obwohl sich auch der politische Druck auf Facebook erhöht hat, gab es keine sichtbaren personelle­n Konsequenz­en auf das offensicht­liche Versagen. Zuckerberg ist weiter der „König“des sozialen Netzwerks, die Nummer zwei ist immer noch Sheryl Sandberg, die mehr Zeit mit Buchprojek­ten als der Führung des Konzerns zu verbringen scheint. Darüber hinaus gibt es einen engen Freundeskr­eis der beiden, der keine Erneuerung in den Hierarchie­n zu erlauben scheint. Was zeigt: Die Dauer-Probleme von Facebook werden sich nur lösen lassen, wenn frisches Blut von außen die Herausford­erungen proaktiv angeht. Zeit für Zuckerberg und Sandberg, sich aus dem aktiven Management zu verabschie­den.

Wie problemati­sch ein Verharren in alten Führungsst­rukturen ist, zeigt gerade das Beispiel Tesla und Elon Musk. Zwar hat sich die US-Börsenaufs­icht nun mit dem Marihuana-Freund Musk darauf geeinigt, die Strafe für dessen die Anleger täuschende Privatisie­rungs-Meldung auf Twitter recht milde ausfallen und ihn sogar weiter als Vorstandsc­hef arbeiten zu lassen. Doch der Schaden ist angerichte­t: Der Elektrowag­enbauer gilt nun als Konzern mit einem unberechen­baren Chef, der sich zudem auf zahlreiche Zivilklage­n von Investoren einstellen muss.

Auch bei Facebook hat sich die schwache Arbeit von Zuckerberg und Sandberg im Aktienkurs niedergesc­hlagen – und könnte zu einem deutlichen Nutzerrück­gang führen, wenn die Skandalser­ie anhält. Auf EU-Ebene erscheint es dringend notwendig, dass einmal geprüft wird, wie die Rechte der Facebook-„Freunde“besser geschützt werden können – vor allem, was den anhaltende­n Datenmissb­rauch angeht. Aber auch die jetzt von der CSU wieder geforderte Zerschlagu­ng wäre ein guter Weckruf für die Schläfer im kalifornis­chen Menlo Park.

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