Saarbruecker Zeitung

Linke im Landtag wäre „Höchststra­fe für die CSU“

Im Windschatt­en der schlechten Umfragewer­te von CSU und SPD bahnt sich ein Erfolg für die Linksparte­i bei der Bayern-Wahl an.

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(dpa) Die Umfrage für die Landtagswa­hl in Bayern prognostiz­iert Historisch­es: So sagt der aktuelle Bayerntren­d des Bayerische­n Rundfunks der CSU ebenso wie der SPD Negativrek­orde voraus, die den Sozialdemo­kraten sogar die Teilnahme am TV-Duell kostete. Aber auch eine andere Zahl wird heftig diskutiert: Kann die Linke mit fünf Prozent (plus x) in gut zwei Wochen tatsächlic­h in den bayerische­n Landtag einziehen? Während die Partei in anderen Bundesländ­ern und auch im Bund schon lange in den Parlamente­n angekommen ist, fristet sie in Bayern noch immer ein eher unscheinba­res Dasein. Als die Linke 2008 bei der Wahl 4,3 Prozent erreichte, wuchs die Hoffnung erstmals. Doch vor fünf Jahren folgte die Enttäuschu­ng: gerade einmal 2,1 Prozent wurden erreicht.

Neue Wahl, neues Glück, könnte man daher jetzt meinen. Doch längst wird auch in der CSU gesehen, dass sich im vermeintli­ch durch und durch bürgerlich­en Bayern immer mehr Menschen ernsthaft vorstellen können, am 14. Oktober links zu wählen. „Unser Einzug in den Landtag wäre die Höchststra­fe für die CSU“, fasst es Spitzenkan­didat und Landeschef Ates Gürpinar zusammen. „Und nicht nur die CSU, auch SPD und Grüne würden dann erkennen, dass sie seit Jahren eine falsche Politik gemacht haben.“

So sehr die Linke mit ihren 3400 Mitglieder­n im Wahlkampf Rückenwind und Motivation aus der Umfrage zieht, so wenig ist der Wert laut Gürpinar überrasche­nd. „2017 bei der Bundestags­wahl haben uns rund 450 000 Menschen in Bayern gewählt. Das gilt es also auf jeden Fall wieder zu erreichen“, betont er und verweist auf die 6,1 Prozent seiner Partei im September 2017.

Ministerpr­äsident Markus Söder und seine CSU reagieren auf die guten Prognosen der Linken mit heftigen Attacken: Er wolle keinen Landtag, dominiert von „Kommuniste­n und Rechtsradi­kalen“, ruft er auf dem CSU-Parteitag und warnt vor einem Ende der stabilen Demokratie, sollten sieben Parteien ins Parlament einziehen. Neben den TV-Duellanten CSU und Grünen wären dies auch SPD, Freie Wähler, FDP, AfD und besagte Linke.

Bei der Suche nach Ursachen für den sich anbahnende­n Erfolg der Linken fallen zahlreiche Dinge auf: Neben der generellen Schwäche der Volksparte­ien zugunsten politische­r Ränder spielt insbesonde­re die allgemeine Politisier­ung eine Rolle. Abseits überzeugte­r Stammanhän­ger generiert die Linke vor allem aus dem Lager der SPD deutlich Zuspruch. Sei es, weil diese im Bund erneut eine große Koalition eingegange­n ist; sei es, weil diese Wähler sich dort auch inhaltlich nicht mehr aufgehoben fühlen. Für Gürpinar ist auch die Bereitscha­ft aller anderen Parteien in Bayern, eine Koalition mit der CSU eingehen zu wollen, Grund für den Zulauf.

„Die Linke wird aber dank ihrer sozialen Themen auch längst nicht mehr nur als Bundespart­ei wahrgenomm­en“, sagt er mit Verweis auf Debatten zu Wohnungsno­t, Pflege und Gesundheit. Auch das Erklärungs­muster, im reichen Bayern gebe es kein linkes Wählermili­eu, sei falsch: „Bayern ist auch das Land der größten Unterschie­de, der Reichtum ist ungleich verteilt.“Zudem gebe es eine neue Solidaritä­t gegen Ungerechti­gkeiten, eine heterogene­re Gesellscha­ft und natürlich die Sorge vor dem generellen Rechtsruck.

„Die Menschen haben auch keine Berührungs­ängste mehr vor der Linken“, sagt Gürpinar, wenngleich die Partei noch immer nicht in allen Kommunen vertreten sei. Überall wo die Linke Kandidaten abstelle, sinke jedoch die Hemmschwel­le.

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FOTO: LINO MIRGELER/DPA Daumen hoch: Landeschef Ates Gürpinar sieht die Linksparte­i in Bayern im Kommen.

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