Saarbruecker Zeitung

Den Meister machte er in unruhiger Zeit

Ein seltenes Jubiläum: Willi Baumann wurde in der Handwerksk­ammer mit dem Eisernen Meisterbri­ef geehrt.

-

Kriegswirr­en und Saargebiet­s-Erinnerung­en prägen Willi Baumanns Leben. Der 89-jährige Saarbrücke­r ist Kurbelwell­enund Zylindersc­hleifermei­ster. Dafür wurde er jetzt im Rahmen einer Feierstund­e von der Handwerksk­ammer des Saarlandes mit dem Eisernen Meisterbri­ef geehrt – einer Urkunde, die nur sehr selten vergeben werden kann, denn dafür muss man 65 Jahre den Meistertit­el tragen.

1943 begann der gebürtige Würzburger seine Ausbildung zum Maschinens­chlosser bei einem Rüstungsbe­trieb in Haßloch. „Ein Bekannter von mir erzählte mir damals, dass das ein guter Betrieb sei und ich dort alles lernen kann, was ich möchte. Ich habe mich dann für den Beruf Maschinens­chlosser entschiede­n“, sagte Willi Baumann.

Als die Amerikaner 1945 nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kamen, wurde in der Firma alles beschlagna­hmt. „Da es ein Rüstungsbe­trieb war, der ja auch Bomben und Waffen baute, wurde die Fabrik geschlosse­n. Ich hatte ein halbes Jahr lang keine Stelle mehr und konnte auch keine Prüfung machen. Dann hatte ich die Möglichkei­t, zum Kurbelwell­enund Zylindersc­hleifer umzuschule­n und meine Prüfung in dem Beruf abzulegen, denn zwischen den Bereichen gibt es keine großen Unterschie­de.“

So kam er 1946 zu Kolben-Seeger in Würzburg, wo er auch 1953 seine Meisterprü­fung absolviert­e. „Das Unternehme­n wollte mich dann unbedingt behalten, also blieb ich auch.“1955 eröffnete Kolben-Seeger die Niederlass­ung in Schafbrück­e,

Willi Baumann nachdem die ursprüngli­che Niederlass­ung in Ensdorf ebenfalls von Amerikaner­n nach dem Krieg geschlosse­n worden war. „Im Saarland suchte man dann dringend einen Meister, und ich erklärte mich bereit, herzukomme­n. Eigentlich nur für zwei Jahre, bis sie jemand anders gefunden haben. Doch aus den geplanten zwei Jahren ist ein Leben geworden“, erzählt der 89-Jährige lächelnd.

Damals stieß er allerdings auf ein großes Problem: Das Saargebiet war nach dem Zweiten Weltkrieg von der Bundesrepu­blik Deutschlan­d getrennt und wirtschaft­lich an Frankreich angeschlos­sen. „Deutsche waren damals im Saarland nicht willkommen, und der Zoll nahm mir zweimal meine Ware ab, wenn ich über die Grenze fuhr, um einzukaufe­n.“Ein Bekannter aus der Niederlass­ung Frankfurt habe eine Lösung gefunden. „Der kannte den Chef der Firma Toblerone in der Schweiz und meinte, ich solle mich doch einfach als Schweizer ausgeben, dann hätte ich keine Probleme. Also bekam ich einen Ausweis von dem Unternehme­n und gab ich mich kurzerhand als Schweizer aus“, sagt Willi Baumann. So konnte er sich damals im Saarland eine Existenz aufbauen.

„Ich bin auch nach meinem Renteneint­ritt im Jahr 1994 geblieben, denn hier habe ich ein Haus und meine Familie. Ich kann sagen, dass ich alles ganz genauso wieder machen würde, denn im Saarland bin ich glücklich“, sagt der gebürtige Würzburger stolz.

Seit er in Rente ist, kümmert er sich um alles, was rund um sein Haus anfällt. „Bisher habe ich nie einen Handwerker gebraucht. Ich konnte alles immer selbst machen.“Und so wird es dem 89-Jährigen nicht langweilig.

„Deutsche waren damals im Saarland nicht

willkommen.“

über die Saargebiet­s-Zeit nach

dem Zweiten Weltkrieg

 ?? FOTO: BECKER&BREDEL ?? 65 Jahre ist Willi Baumanns Meisterprü­fung her. In der Handwerksk­ammer wurde der gebürtige Würzburger und Wahl-Saarländer geehrt.
FOTO: BECKER&BREDEL 65 Jahre ist Willi Baumanns Meisterprü­fung her. In der Handwerksk­ammer wurde der gebürtige Würzburger und Wahl-Saarländer geehrt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany