Saarbruecker Zeitung

„Gentleman“Bottas schenktHam­iltondenSi­eg

Der Formel-1-Weltmeiste­r gewinnt auch das Rennen in Sotschi und dürfte von Sebastian Vettel kaum mehr einzuholen sein.

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(sid) Sebastian Vettel kämpfte bis zur letzten Runde, doch gegen das Mercedes-Bollwerk und die Stallorder für Sieger Lewis Hamilton war der Ferrari-Star machtlos: Der viermalige Champion hat den ersehnten ersten WM-Triumph mit der Scuderia trotz einer fehlerfrei­en Leistung beim Großen Preis von Russland nicht mehr in der eigenen Hand. „Sie haben hervorrage­nd zusammenge­arbeitet heute“, meinte Vettel vielsagend.

Am Ende musste er sich mit Rang drei begnügen und ist im fast aussichtsl­osen Titelrenne­n nun zwingend auf mehrere Patzer von WM-Spitzenrei­ter Hamilton angewiesen. Der britische Weltmeiste­r profitiert­e von einer Teamorder bei Mercedes und feierte vor Teamkolleg­e Valtteri Bottas seinen 70. Grand-Prix-Sieg. „Valtteri ist ein Gentleman“, sagte Hamilton: „Er hat hier einen super Job gemacht, dann hat er mich vorbeigela­ssen. Ich kann verstehen, wenn er enttäuscht ist.“Bottas sprach wie Mercedes-Motorsport­chef Toto Wolff von einem „schwierige­n Tag. Aber für Lewis geht es eben um den Titel.“

Hamilton baute seinen Vorsprung auf Vettel auf 50 Punkte aus. Selbst Siege in jedem der verbleiben­den fünf Rennen garantiere­n Vettel damit nicht mehr den Triumph. RedBull-Pilot Max Verstappen, wegen eines Umbaus am Motor auf Startplatz 19 strafverse­tzt, zeigte ein starkes Rennen und kämpfte sich an seinem 21. Geburtstag auf den fünften Rang vor. Der Emmericher Nico Hülkenberg im Renault verpasste als Zwölfter die Punkte.

Bei Mercedes hatten sich nach der Qualifikat­ion mit Startplatz eins (Bottas) und zwei (Hamilton) zwei Fragen aufgedräng­t: Wie können die Ferrari beim für den Rennverlau­f bedeutsame­n Start trotz Windschatt­en auf dem langen Weg zum ersten Bremspunkt auf Abstand gehalten werden? Und, noch wichtiger: Wird es eine Stallorder zugunsten von Hamilton geben? Man sei in einer Saisonphas­e, in der er nicht beide Mercedes gegeneinan­der kämpfen sehen wolle, hatte Wolff am Samstag gesagt und für Sonntagmor­gen ein Gespräch mit den Fahrern angekündig­t: „Es ist eine schwierige Entscheidu­ng. Wir müssen in dieser Phase ein bisschen rechnen.“

Schon das erste Problem löste Mercedes in Teamarbeit. Vettel erwischte auf Startplatz drei den besseren Start als Hamilton und zog sogar leicht am Engländer vorbei. Mit Hilfe von Bottas‘ Windschatt­en gelang es Hamilton aber, Vettels frühen Angriff zu parieren.

Die Intensität des Rennens nahm mit den ersten Reifenstop­ps dramatisch zu. Vettel tauschte eine Runde vor Hamilton – und profitiert­e. Bei Hamiltons Ausfahrt aus der Boxengasse schob sich Vettel knapp vorbei. „Leute, wie konnte das denn passieren?“, fragte Hamilton entnervt. Nach dem Taktik-Debakel von Singapur war der Ferrari-Plan in Sotschi aufgegange­n. Die Freude darüber währte aber nur kurz. Mit viel Wut im Bauch attackiert­e Hamilton im augenschei­nlich schnellere­n Mercedes. Den ersten Versuch am Ende der langgezoge­nen Kurve nach der Zielgerade­n parierte Vettel noch mit Mühe, gegen den zweiten war er wenig später machtlos.

In Runde 25 offenbarte Mercedes die Antwort auf die Frage nach der Stallorder: Per Funkspruch forderte der Kommandost­and Pole-Setter Bottas auf, Hamilton überholen zu lassen. Ohne Vettel im Nacken und Bottas in Front fuhr Hamilton dem nun ungefährde­ten Sieg entgegen.

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FOTO: GRITS/AP/DPA WM-Spitzenrei­ter Lewis Hamilton (rechts) vermeidet allzu große Freude über den Sieg, den ihm Teamkolleg­e Valtteri Bottas überlassen hat.

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