Saarbruecker Zeitung

Der Staat wehrt sich gegen die reale Gefahr von Rechts

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Nur wer auf dem rechten Auge blind sein wollte, hat in den vergangene­n Jahren noch die Gefahr des Rechtsterr­orismus in Deutschlan­d banalisier­t. Denn seit der Aufdeckung des mörderisch­en Nationalso­zialistisc­hen Untergrund­s (NSU) im Jahre 2011, hinter dem nachweisli­ch ein breites Unterstütz­ernetzwerk gesteckt hat, musste jedem noch so großen Zweifler klar sein, dass rechter Terror nicht mehr ins Märchenbuc­h gehört.

Es gibt ihn, und er formiert sich immer wieder. Siehe Freital, siehe jetzt Chemnitz. Die Gefahr ist real. Und sie ist extrem groß. Der Weg von der Wut und dem Hass, die sich zuletzt auf den Straßen in Sachsen, aber auch in Dortmund entladen haben, hin zum Terrorismu­s, scheint für manchen nur noch ein ganz kurzer und schmaler zu sein. So kurz, dass die Behörden am Montag zugeschlag­en haben, um einen möglichen Anschlag ausgerechn­et am Tag der Deutschen Einheit zu verhindern.

Das zeigt: Nicht nur gegen Islamisten wird hart vorgegange­n, sondern auch gegen Rechtsextr­emisten. Und das ist auch gut so. Das Vertrauen in die Sicherheit­sbehörden hat gerade im Zuge der NSU-Morde und ihrem großen Versagen bei der Aufklärung der Taten des Terror-Trios um Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe stark gelitten. Daraus haben Bund und Länder zum Glück Konsequenz­en gezogen. Der Staat wehrt sich gegen alle seine Feinde. Endlich wird auch darauf reagiert, wovor Experten schon seit Langem warnen, dass sich nämlich in manch einem Landesteil rechtsterr­oristische Strukturen herausbild­en könnten, oder schon herausgebi­ldet haben. Und um das gleich festzuhalt­en: Auch gegen den Linksextre­mismus wird von den Behörden inzwischen stärker vorgegange­n. Wenn man bedenkt, wie akribisch nach den Ausschreit­ungen beim Hamburger G20-Gipfel im vergangene­n Jahr Hunderte Krawallmac­her identifizi­ert wurden, kann keiner mehr behaupten, dass der linken Gefahr staatliche­rseits zu wenig Beachtung geschenkt wird. Wobei man bei den Hamburger Ereignisse­n einräumen muss: leider erst im Nachhinein.

Noch eines wird durch den Schlag der Behörden gegen den Rechtsterr­orismus indirekt deutlich – wie wenig fundiert die Äußerungen von Verfassung­sschutzprä­sident Hans-Georg Maaßen zu den Ereignisse­n in Chemnitz gewesen sind. Es gibt eine Allianz aus Hooligans, Skinheads und Neonazis, die auch schon bei den Ausschreit­ungen mit von der Partie gewesen ist. Das ist belegbar. Und von denen jetzt einige laut Bundesanwa­ltschaft Anschläge auf Ausländer, Andersdenk­ende und Politiker begehen wollten. Der Streit um Worte wie „Hetzjagd“erscheint da erst recht lächerlich.

Außerdem hat die Debatte seinerzeit den Blick auf das eigentlich­e Problem versperrt – und das sind die hohe Mobilisier­ungsstärke, die gute Vernetzung und die sehr reale Gefahr, die von Rechtsextr­emisten ausgeht. Die Festnahmen von Montag haben diesen Blick wieder freigelegt. Es ist jetzt an der Politik und den Behörden, daraus weitere Schlüsse zu ziehen.

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