Mays Gegner in den eigenen Reihen
Auf dem Konservativen-Parteitag formiert sich harter Widerstand gegen den Brexit-Kurs der Premier. Es herrscht „Bürgerkrieg“.
den EU-Club in ein Gefängnis verwandeln, wird der Wunsch, auszutreten, nicht schwinden, sondern wachsen, und wir werden nicht der einzige Gefangene sein, der fliehen will.“Kritik kam aus Brüssel und Deutschland. „Sorry, Jeremy Hunt, die EU ist kein Gefängnis“, twitterte der Europastaatsminister Michael Roth (SPD).
Die Tories sind in der Europafrage tief gespalten und suchen einen Ausweg aus der verfahrenen Brexit-Lage. Schatzkanzler Hammond verteidigte Premierministerin Theresa May und den nach dem Entstehungsort genannten Chequers-Vorschlag, nach dem die Briten eine Freihandelszone mit Brüssel für Waren, aber nicht für Dienstleistungen wünschen. EU-Ratspräsident Donald Tusk liege falsch mit seinem Urteil, die Pläne würden nicht funktionieren. „Das ist es, was die Menschen im Jahr 1878 auch über die Glühbirne gesagt haben.“Nachdem die Regierungschefin jedoch nicht nur in Brüssel, sondern auch im Königreich viel Kritik für ihren Kurs einstecken musste, deutete sie gestern an, dass sie einen neuen Vorschlag unterbreiten könnte. Sie versprach „Flexibilität“. Am Mittwoch hält die Premierministerin ihre große Parteitagsrede. Wird es ihr politisches Endspiel?
Derweil geht das Hauen und Stechen im nordenglischen Birmingham weiter. So meinte Hammond etwa, dass der Ex-Außenminister Boris Johnson keinen Sinn für Details habe, wenn es um wichtige Angelegenheiten wie den EU-Austritt gehe.
„Wir sollten äußerst misstrauisch sein.“
Jacob Rees-Mogg,
Hardliner der Konservativen, pocht auf einen EU-Austritt ohne Deals
und Abkommen.
Er verurteilte dessen alternative Brexit-Pläne, die einer „Fantasiewelt“entstammten. Auch erwarte der Schatzkanzler nicht, dass der ehemalige Chefdiplomat May auf dem Posten des Regierungschefs ablösen werde. Das wiederum sehen die Fans von „Boris“, wie er nur genannt wird, völlig anders. Sie scharren ungeduldig mit den Füßen und wollen den Brexit-Wortführer nicht nur in der Downing Street sehen, sondern fordern auch den härtest möglichen Bruch mit Brüssel.
Dass sich in den vergangenen Wochen immer mehr Parlamentarier für ein erneutes Referendum ausgesprochen haben und die Pro-EUler zunehmend ihre Stimme heben, sorgt für Unruhe unter den Europaskeptikern. Es herrscht sogar Panik. „Wir sollten äußerst misstrauisch sein“, meinte der ultrakonservative Hinterbänkler Jacob Rees-Mogg, der als Anführer der Brexit-Bewegung in Birmingham abermals wie ein Popstar gefeiert wird. Er pocht auf eine Scheidung ohne Abkommen und schwor bei einer Thinktank-Veranstaltung die Partei ein: „Wir werden einen Erfolg aus dem Brexit machen.“Erneut rief Rees-Mogg zum Wahlkampf auf, um „einen Verrat am Willen des Volks“zu vermeiden. Hunderte Mitglieder dankten ihm mit frenetischem Beifall und Ovationen.