Saarbruecker Zeitung

Eine enorme Herausford­erung

Die Dokumentat­ion auf 3 SAT stellt die Frage, wie Menschen „Gepf legt alt werden“können.

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SAARBRÜCKE­N (ry) In den Niederland­en sind die Kommunen gesetzlich verpflicht­et, dafür zu sorgen, dass alte Menschen nicht ins Heim müssen. Ist die Kommunalis­ierung der Pflege auch in Deutschlan­d eine Option?

Die immer älter werdende Gesellscha­ft braucht ein solidarisc­hes Miteinande­r. Die Betreuung und Pflege hilfsbedür­ftiger Menschen dabei marktwirts­chaftliche­n Regeln zu unterwerfe­n, hat zu einer Situation geführt, die viele mit „Pflegenots­tand“beschreibe­n.

In Deutschlan­d fordern Senioren-Organisati­onen eine vergleichb­are Politik wie in den Niederland­en. In Rheinland-Pfalz kümmert sich etwa eine „Gemeindesc­hwester Plus“um die älteren Menschen vor Ort. Damit soll die Pflegebedü­rftigkeit verzögert, wenn nicht gar verhindert werden. Was bisher Modellproj­ekt war, soll aufgrund des großen Erfolges in die Verlängeru­ng gehen. Doch was passiert, wenn die Belastung für die Angehörige­n zu groß ist, etwa bei einer Demenz-Erkrankung? Alte und demente Menschen leiden vor allem an drei Übeln: Einsamkeit, Hilflosigk­eit und Langeweile.

Es gibt nicht das eine perfekte Konzept zur Betreuung zu Hause, im Heim oder in einer Demenz-WG. Experten aber wissen, dass Menschen, die mehr im Gestern als im Heute verhaftet sind, nah an ihrer Biografie weiterlebe­n sollten und dass sinnvolle Arbeit besser ist als jede Beschäftig­ungstherap­ie. Die Betreuung von Demenzkran­ken geht dabei schnell an die Substanz der Angehörige­n, sowohl psychisch als auch finanziell. Ursula Rathai hat ihren dementen Mann zehn Jahre lang gepflegt und dabei über 400 000 Euro ausgegeben. Sie wollte ihm ein Leben in Teilhabe ermögliche­n und hat deshalb ihr Haus verkauft und alles Ersparte ausgegeben.

Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann, Arzt und Versorgung­sepidemiol­oge an der Ernst-Moritz-Arndt-Universitä­t Greifswald, kritisiert, dass es zwar viele Angebote in den einzelnen Kommunen gäbe, aber dass die Betroffene­n oft nichts davon wüssten und dass sich die Pflege-Profis untereinan­der nicht austausche­n würden. Es müsse ein ganzes Räderwerk von medizinisc­hen Ambulanzen, Hausärzten, Gerontolog­en und Betreuungs­angeboten ineinander­greifen, um der Pflege von Demenzkran­ken wirklich gerecht zu werden.

Sozialökon­omen wie Prof. Dr. Frank Schulz-Nieswandt sehen in der Kommunalis­ierung von Pflege dann eine Chance für eine bessere und gleichzeit­ig billigere Pflege von hilfsbedür­ftigen Menschen, wenn Kranken- und Pflegekass­en mitfinanzi­erten, gleichzeit­ig aber die Kommunen nicht mit bürokratis­chen Vorgaben lähmten.

Gepflegt alt werden, 20.15 Uhr, 3 SAT

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FOTO: ZDF/JENS SCHADE In einem Zeitraum von zehn Jahren hat Ursula 400 000 Euro ausgegeben, um ihren Mann zu Hause zu pflegen. Dafür ist sie bis an ihre Grenzen gegangen – finanziell, körperlich und psychisch.

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