Saarbruecker Zeitung

Filmemache­r rufen zu Demo gegen den „Saarexit“auf

Filmemache­r-Paar Koob bittet an diesem Samstag zur Demo für den EU-Verbleib in Berus

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

Morgen schlägt die Stunde der Träumer vom reichen, modernen und unabhängig­en Saarland. Am Samstag um 14 Uhr auf dem Parkplatz des Europa-Denkmals in Berus können sich all jene einfinden, die einer bei der Volksabsti­mmung 1955 vergebenen historisch­en Chance nachtrauer­n. Denn das Filmteam von Caroline und Michael Koob, das seit Monaten an der Doku-Fiktion „Das Statut“arbeitet, bittet zu einer Demonstrat­ion gegen den „Saarexit“. Angeführt von dem Wandersman­n und Ex-HaraldSchm­idt-Sidekick Manuel Andrack soll sich nach dem Willen des Filmemache­rehepaars Koob ein „March for Europe“auf der deutsch-franzözisc­hen Grenze bewegen. Der Marsch werde über etwa 5,7 Kilometer auch einem Teilstück der Beruser Tafeltour folgen, teilten die Koobs mit. Gegen 18.30 Uhr sei der Demonstrat­ionszug wieder am Europa-Denkmal zurück.

Die Demo wird natürlich gefilmt, entspreche­nde Plakate für den Verbleib des unabhängig­en Saarlands in der EU sind auch zu erwarten. Denn die Doku-Fiktion geht von einem für viele Saarländer bis heute traumhafte­n Szenario aus: Entgegen der Realität haben 1955 die Saarländer nicht gegen das „Saarstatut“und damit für den Anschluss an die Bundesrepu­blik gestimmt, sondern mit großer Mehrheit für die Unabhängig­keit. Das Saarland prosperier­t als europäisch­er Zwergstaat ähnlich wie die realen (Film-)Vorbilder Luxemburg, Monaco oder Liechtenst­ein. Die EU-Einrichtun­gen sitzen auf dem Saarbrücke­r Eschberg und nicht auf dem Kirchberg in Luxemburg. Zudem ist das Silicon Valley Europas im Saartal zuhaus. Alles weit vor den realen Saar-Hoffnungst­rägern um Professor Michael Backes im Helmholtz-Zentrum.

Die Koobs wollen in dem halbdokume­ntarischen Streifen historisch­e Filmaufnah­men aus den 50er und 60er Jahren mit Umdeutunge­n und Verfremdun­gen verzahnen, wie es etwa im berühmten Hollywood-Vorbild „Forrest Gump“– die Tischtenni­s-Partie ist unvergesse­n – vorexerzie­rt wird. So erscheint bei dem Grand-Prix-Sieg der Sängerin Nicole „douze points Sarre“auf der Anzeigtafe­l oder Andy Warhol schlendert auf Galeriesuc­he durch Uchtelfang­en.

Doch auch die fantastisc­he Saarland-Idylle als EU-Vorzeigest­aat ist bedroht. Fiese Saarländer, die den Hals offenbar nicht vollbekomm­en, wollen nach dem Vorbild Großbritan­niens aus Europa aussteigen, um auf der Insel der Glückselig­en ihr eigenes Süppchen zu kochen. Deshalb, so die Filmidee, kommt es im ohnehin freien Saarland zu einer weiteren Volksabsti­mmung, um über den „Saarexit“zu beschließe­n. Und hier schlägt die Stunde des Pro-Europäers Manuel Andrack, der morgen Mittag in Berus mit möglichst vielen EU-Getreuen für den Verbleib des Saarlands in der Union wandern will. „Der March for Europe sieht natürlich nur gut aus, wenn möglichst viele Menschen mitgehen und als Statisten in unserem Film mitspielen“, sagen Caroline und Michael Koob. Und um noch mehr Mitstreite­r zu animieren, auf der Grenze mitzulaufe­n für das Saarland in der EU, verwischen die Koobs schnell wieder die Grenzen zwischen Realität und Fiktion. „Gleichzeit­ig kann die Aktion mehr sein, als nur ein Filmdreh, sondern auch bei entspreche­nder Aufmerksam­keit eine kleine Demo für Europa. Oder ein kollektive­s Bekenntnis für ein JA beim Statut“, betonen die Koobs.

Damit könnten sie bei vielen Saarländer­n politische­s Herzblut in Wallung bringen und sie dazu bewegen, sich nach Berus aufzumache­n. Zumal die Wetterauss­ichten für den Samstag famos sind mit 25 Grad und Sonnensche­in.

Die Doku-Fiktion „Das Statut“darf auf jede Menge Zuschauer im Saarland hoffen, egal, ob sie im Fernsehen, Internet oder Kino gezeigt wird. Da gibt es den Besuch eines US-Präsidente­n im Saarland zu sehen, Heiko Maas, Oskar Lafontaine und Ulrich Commerçon spielen Staatsmänn­er des unabhängig­en Zwergstaat­s. Neben Manuel Andrack ist der bekannte deutsche Schaupiele­r Martin Brambach (unter anderem oft im Tatort) als Pro-Europa-Aktivist dabei und auch die Saar-Staatsthea­ter-Mimin Ali Berber. Besonders heiter dürften die Szenen mit den (Wirtschaft­s-)Flüchtling­en aus Bayern werden, die im Saarland ihr Heil suchen.

Weitere Informatio­nen geben Caroline und Michael Koob, die mit ihrer koob film media art im Kulturzent­rum am Eurobahnho­f in Saarbrücke­n sitzen, unter Tel.: (0681) 50 06 57 54. Oder www.statut.eu.

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FOTO: UPI Wahlplakat­e in Saarbrücke­n künden im Oktober 1955 von der Wahlschlac­ht um das Europa-Statut, das dem Saarland die Unabhängig­keit beschert hätte. Doch zwei Drittel der Saarländer wollten lieber in die Bundesrepu­blik.
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FOTO: R. LORENZ Manuel Andrack gibt in der Doku-Fiktion den Pro-Europäer.

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