Saarbruecker Zeitung

Wer verdient den Friedensno­belpreis?

Heute wird die wichtigste politische Auszeichnu­ng der Welt vergeben.

- VON THERESA MÜNCH

(dpa/epd) Es ist ein Moment für die Geschichts­bücher und wohl das diplomatis­che Bild des Jahres: Hand in Hand steigen Südkoreas Präsident Moon Jae In und der nordkorean­ische Machthaber Kim Jong Un über eine Betonschwe­lle im Grenzdorf Panmunjom. Es ist jene Linie, die seit 65 Jahren die Halbinsel trennt. Mit hoher Symbolkraf­t betreiben beide Länder eine vorsichtig­e Annäherung, die Hoffnung auf Frieden schürt. Doch kann es dafür am heutigen Freitag schon einen Friedensno­belpreis geben?

Die Gespräche zwischen Süd- und Nordkorea seien in jedem Fall „der große Durchbruch in internatio­nalen Beziehunge­n in diesem Jahr“, sagt der Direktor des Stockholme­r Friedensfo­rschungsin­stituts Sipri, Dan Smith. „Doch ich frage mich, ob die Jury das tun kann. Ein Preis für Korea mag verlockend sein, doch auch verfrüht. Und die Protagonis­ten könnten das Komitee dazu bringen, dagegen zu stimmen.“Damit meint Smith vor allem den unberechen­baren nordkorean­ischen Machthaber. Der spricht zwar mit Südkoreas Staatschef über atomare Abrüstung, eine dauerhafte Friedenslö­sung und eine Verbesseru­ng der Beziehunge­n. Doch die Zweifel, wie weit die Annäherung trägt, sind groß.

Vor diesem Hintergrun­d tun sich internatio­nale Experten schwer, Kandidaten für den Friedensno­belpreis 2018 zu nennen. In den vergangene­n zwei Jahren seien die Preise für den Friedenspr­ozess in Kolumbien und die Anti-Atomwaffen­kampagne Ican vorhersehb­ar gewesen, sagen sie. Diesmal gehe das kaum, da sich mehrere Kandidaten – wie zum Beispiel Moon – in labilen Umfeldern bewegten.

Der äthiopisch­e Ministerpr­äsident Abiy Ahmed ist auch so ein Kandidat. Er söhnte sich in diesem Sommer scheinbar über Nacht mit dem Nachbarlan­d Eritrea aus. Die Länder schlossen im Juli überrasche­nd Frieden – doch der ist ebenfalls alles andere als gesichert.

216 Personen und 115 Organisati­onen stehen auf der diesjährig­en Liste für das fünfköpfig­e norwegisch­e Nobelkomit­ee. Smith tippt auf einen „sicheren“Nobelpreis für einen langjährig­en Favoriten. „Oder für jemanden in der Menschenre­chts- oder Klimawande­l-Bewegung.“Der norwegisch­e Friedensfo­rscher Henrik Urdal vom Prio-Institut hat das Welternähr­ungsprogra­mm der Vereinten Nationen sowie den kongolesis­chen Arzt Denis Mukwege ganz oben auf seiner Liste. Der kämpft seit Jahren gegen sexuelle Gewalt und gibt Vergewalti­gungsopfer­n neue Hoffnung.

Auch gelten die türkische Zeitung Cumhuriyet und ihr verfolgter Chefredakt­eur Can Dündar, das UN-Flüchtling­shilfswerk, Bundeskanz­lerin Angela Merkel, der inhaftiert­e saudische Blogger Raif Badawi, Papst Franziskus, die kritische russische Zeitung „Nowaja Gaseta“sowie die US-amerikanis­che Bürgerrech­tsorganisa­tion ACLU als mögliche Kandidaten.

216 Personen und 115 Organisati­onen stehen auf der Liste für

das Nobelkomit­ee.

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