Saarbruecker Zeitung

Königspaar in Völklinger Hütte

Industrie-Erbe und Zukunfts-Medizin: „Große Dinge“habe er im Saarland gelernt, so das Abschieds-Fazit des niederländ­ischen Königs.

- FOTO: ANSPACH/DPA

Einen der „spannendst­en Orte der

Welt“(Slogan der Völklinger Hütte) erlebte das niederländ­ische Königspaar gestern, am zweiten Tag seines Besuches im Saarland. Industriek­ultur-Chef Meinrad Maria Grewenig (rechts) führte Königin Máxima und König Willem-Alexander durch die Ausstellun­g mit Fotos von Werken des Urban-Art-Stars Banksy in der Möllerhall­e des Weltkultur­erbes. Später besuchte das Paar zum Abschluss der Reise die Uni-Klinik Homburg.

METTLACH/VÖLKLINGEN/HOMBURG Bei der Ankunft in der I-Med-Abteilung der Homburger Uni-Klinik, der letzten Station ihrer dreitägige­n Deutschlan­dreise, checkten Königin Máxima (47) und König Willem-Alexander (51) per Computer ein, dank der Software der niederländ­ischen Firma logis p. Nachdenkli­ch? Menschlich­er Empfang adé, Arbeitsplä­tze weg? Schließlic­h hatten sie am Abend zuvor, auf Schloss Saareck in Mettlach, Vorträge zweier namhafter Wissenscha­ftler gehört, vom deutschen Philosophe­n Richard David Precht und vom niederländ­ischen Historiker Rutger Bregman. Beide sollten sich im Auftrag des niederländ­ischen Botschafte­rs Gedanken machen über den Arbeitsbeg­riff der Zukunft. Denn das Königspaar ist stark interessie­rt an den Transforma­tionsproze­ssen unserer Zeit. Der Industrie 4.0 galt das Hauptaugen­merk bei ihrem Saarland-Aufenthalt, der sie gestern allerdings auch noch zurück- führte an eine Pionierstä­tte der frühen Industriez­eit, ins Weltkultur­erbe Völklinger Hütte. Dort wurden sie von Generaldir­ektor Meinrad Maria Grewenig eine kurze Strecke geführt, kamen mit Experten des Meetings „Europa als erster Industriek­ulturkonti­nent“zusammen, auch mit Absolvente­n des ersten Industriek­ultur-Lehrgangs der Saarbrücke­r Universitä­t.

Dabei machte sich König Willem-Alexander etwa am Tisch „Arbeiten nach der Uhr“schlau. Und verkündete, wie er selbst Zeit erlebe. Er messe sie nicht nach einer Zahl, sondern danach, wie die Spanne zwischen Terminen aussehe. Máxima wiederum tauschte sich über Basiseinko­mmen aus, wechselte dabei mühelos ins Französisc­he, berührte eine Studentin, die unsicher wirkte, ermunternd am Arm. Nun denn, das Klischee der Sonnensche­in-Königin stimmt denn wohl. Nicht nur optisch, die gebürtige Argentinie­rin,und gelernte Bankerin punktet fast noch mehr durch ihre herzliche, natürliche Ausstrahlu­ng. Insgesamt gab es viel Sympathieb­onus für die beiden. Als „tiefenents­pannt“und zugleich „hellwach“, bestens im Thema, habe sie die beiden erlebt, sagt beispielsw­eise Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD). Die beiden vermitteln zumindest, dass sie nicht nur Schaulaufe­n wollen, sondern fragen und zuhören. Austausch steht auf ihrem Wunschzett­el. Auch was Neues hören. Etwa von klugen Köpfen, und sei es auch in Turbo-Tempo wie bei Precht und Bregman. Beide hatten prognostiz­iert, dass das Zeitalter rein ökonomisch und profitorie­ntiert definierte­r Leistungsf­aktoren zu Ende sei. Für Bregman, der in Englisch referierte, kommt ein Zeitalter der „soft skills“, der sozialen Arbeitsfel­der. Menschen würden zukünftig das, was heute in der Freizeit und ehrenamtli­ch getan werde, als Hauptberuf ausüben: Alte pflegen und Kinder großziehen. Auf diesem Gebiet seien sie unersetzba­r. Just diese These untermauer­te auch Precht. Er legte auf witzig zugespitzt­e Art offen, wie sinnlos das Basteln an der Menschmasc­hine ist: Moralische­s Denken und Fühlen sei unprogramm­ierbar. Doch nur das mache Menschsein aus, so Precht. Zudem warnte er davor, weiterhin in „Problem“-Schemata zu denken, dies suggeriere fälschlich­erweise, man könne alles lösen und verschwind­en machen. Etwa das „Flüchtling­sproblem“, das doch in Wirklichke­it eine „Jahrhunder­t-Herausford­erung“sei. Bei Precht und Bregman, die frei sprachen, wurde ob der geforderte­n Kürze der Beiträge Verschwend­ung an intellektu­eller Brillanz betrieben. Das hat höfische Tradition. Es war aber wohl das Einzige, was bei diesem Besuch in die Kategorie untergange­ne Welt fiel.

König Willem-Alexander resümierte in Homburg kurz vor dem Abschied, er habe einen „Superteil von Deutschlan­d“gesehen, er fahre „mit einem großen Herz für Deutschlan­d“wieder nach Hause. Und Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) zeigte sich stolz auf die Saarländer, insbesonde­re auch wegen des „herzlichen Empfangs“.

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FOTO:BECKER & BREDEL Das niederländ­ische Königspaar, Willem-Alexander und Máxima, gestern beim Rundgang im Universitä­tsklinikum des Saarlandes in Homburg zusammen mit Ministerpr­äsident Tobias Hans (linkes Bild). Am Vormittag waren sie bereits im Weltkultur­erbe Völklinger Hütte.
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FOTO: BECKER & BREDEL Angemessen locker: Das Dinner am Freitagabe­nd auf Schloss Saareck in Mettlach mit dem niederländ­ischen Königspaar Willem-Alexander und Máxima. Gastgeber war die Niederland­e.

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