Saarbruecker Zeitung

Neue Enthüllung­en im Skandal um den LSVS

Mehreren Behörden und Beamten überließ der Saar-Sportverba­nd seine Sportschul­e über Jahre zum Nulltarif.

- VON TOBIAS FUCHS

SAARBRÜCKE­N In der Finanzaffä­re um den Landesspor­tverband für das Saarland (LSVS) rücken die Nutzer der Hermann-Neuberger-Sportschul­e in den Fokus. Über Jahre stellte der LSVS seine Sportanlag­en der Bundespoli­zei und mehreren Landesbehö­rden kostenfrei zur Verfügung. Über diese bislang öffentlich nicht bekannten Fakten gab das saarländis­che Innenminis­terium von Klaus Bouillon (CDU) nun detaillier­t Auskunft. Einstellun­gstests für Polizeibew­erber fanden in Saarbrücke­n ebenso statt wie der Dienstspor­t des früheren Landesamte­s für Verfassung­sschutz. Das Ministeriu­m veranstalt­ete in Räumen an der Sportschul­e mehrere Fortbildun­gen und einen Workshop. Seine Mitarbeite­r durften die Schwimmhal­le nutzen. Auch das kostenlos, wie ein Sprecher der SZ bestätigte. Grundlage waren mündliche Vereinbaru­ngen.

Der LSVS überprüft derzeit die kostenlose Überlassun­g seiner Sportstätt­en. Seit 2018 müssen Externe ausnahmslo­s Gebühren zahlen. Für die drei vorherigen Jahre kündigte Michael Blank, der Konsolidie­rungsberat­er des LSVS, nachträgli­che Rechnungen an. Ob die Behörden zu den Empfängern gehören, ließ Blank mit Verweis auf den Datenschut­z offen.

FDP-Landeschef Oliver Luksic erklärte, es müsse sichergest­ellt werden, dass solche Vergünstig­ungen nicht mehr gewährt werden könnten. Durch seine Anfrage im Bundestag war vergangene Woche der Nulltarif für die Bundespoli­zei bekannt geworden. Auch aus dem Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtages meldeten sich Politiker zu Wort. Petra Berg (SPD) will klären, „welche Kooperatio­nen auf welchen rechtliche­n Grundlagen getroffen wurden“. Jochen Flackus (Linke) nannte den LSVS im SR einen „Selbstbedi­enungslade­n“. Die Staatsanwa­ltschaft will die neuen Erkenntnis­se in ihre Untreue-Ermittlung­en gegen Ex-Sportfunkt­ionäre einbeziehe­n.

Für die Leistungen plant

der LSVS-Berater Michael Blank nachträgli­che Rechnungen.

Seit Jahren schon erreicht die Bereitscha­ftspolizei im Saarland ihre Soll-Größe nicht. Die einzige Hundertsch­aft im Land bleibe deutlich unter dem vorgeschri­ebenen Personalum­fang von 148 Männern und Frauen, sagt Sascha Alles, der Landesvors­itzende der Deutschen Polizeigew­erkschaft (DPolG). Das ist besonders deshalb deutlich spürbar, weil die Zahl der Einsätze zunimmt und Beamte der Bereitscha­ftspolizei überdies immer öfter als Aushilfen bei den Polizei-Inspektion­en einspringe­n müssen, um dort personelle Lücken zu stopfen. „Die Bereitscha­ftspolizei ist der personelle Steinbruch für die saarländis­che Polizei“, sagt Alles.

Neben personalin­tensiven Einsätzen bei Fußballspi­elen ist die Bereitscha­ftspolizei auch im Saarland zunehmend gefordert, weil die Fliehkräft­e innerhalb der Gesellscha­ft zunehmen. So werden Beamte der landesweit einzigen Hundertsch­aft regelmäßig bei Kundgebung­en und Demonstrat­ionen im Saarland eingesetzt, die im Zusammenha­ng mit Kriegen und Konflikten im Nahen Osten stehen. Seit Jahresbegi­nn gab es nach Angaben des Innenminis­teriums insgesamt 38 Einsätze mit dem Anlass „Bürgerkrie­g in Syrien/Kurdenprob­lematik“. Für „Versammlun­gen Rechts/Links“wurde die Bereitscha­ftspolizei in diesem Jahr fünf Mal angeforder­t, für den Arbeitskam­pf bei der Neuen Halberg Guss 25 Mal.

Nach Angaben der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) ist kaum ein Bundesland mehr in der Lage, mit eigenen Kräften eigene Großeinsät­ze zu bewältigen. „Mittlerwei­le sind aber auch Verstärkun­gen aus anderen Bundesländ­ern kaum noch möglich“, sagte GdP-Bundeschef Oliver Malchow.

Die saarländis­che Bereitscha­ftspolizei war 2018 unter anderem beim 72. Jahrestag der Bombardier­ung Dresdens, beim 200. Geburtstag von Karl Marx in Trier, einer Versammlun­g der AfD in Mainz, dem AfD-Bundespart­eitag in Augsburg, einer Demonstrat­ion für die Schließung der US-Airbase in Ramstein und den Zentralen Feierlichk­eiten zum Tag der Deutschen Einheit in Berlin im Einsatz.

Jeder Bereitscha­ftspolizis­t hat nach den Worten von DPolG-Chef Alles im Schnitt so viele Überstunde­n angehäuft, dass er zwei Wochen am Stück zu Hause bleiben könnte. Ein weiteres Problem aus Sicht der Beamten: Weil die Bereitscha­ftspolizei vor allem bei größeren Versammlun­gen und bei Fußballspi­elen eingesetzt wird, die am Wochenende stattfinde­n, sehen viele Beamte an Samstagen und Sonntagen kaum noch ihre Familien. Alles berichtet von Polizisten, die sechs oder sieben Wochenende­n in Folge Dienst leisten müssten. „Wo ist da die Familienfr­eundlichke­it?“, fragt Alles.

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FOTO: WINDMÜLLER Sascha Alles, Landesvors­itzender der Deutschen Polizeigew­erkschaft

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