Unterschiedliche Gefühlslagen vor der Wahl in Bayern
Landtagswahl in Bayern
VON WERNER KOLHOFF
BERLIN
„Wie ist die Stimmung?“Antwort eines SPD-Abgeordneten: „Unterirdisch“. Pause. „Und zwar so, wie ich sie noch nicht erlebt habe.“Die Sozialdemokraten sind tief gefrustet. Von der Klatsche, die sie in Bayern erwarten. Zehn oder zwölf Prozent, eine Katastrophe. Bundesweit sieht es mit 15 Prozent nicht viel besser aus. Nur noch Platz Vier. Sie sind gefrustet von der Groko an sich. Und seit der Maaßen-Affäre auch von Parteichefin Andrea Nahles. Wie sich diese Stimmung entladen wird, ist noch nicht voraussehbar. „Aber sie wird sich entladen“, sagt der Abgeordnete. Im Moment rettet Hessen die Parteiführung. Weil Parteivize Thorsten Schäfer-Gümbel dort noch bis zum 28. Oktober im Wahlkampf ist, wird man mit Abrechnungen jeder Art abwarten.
Auch die in Bayern sensationell starken Grünen haben ein Hessen-Problem, allerdings in der Luxusvariante. Soll man mit der CSU koalieren, lautet die Frage, die sich ihnen am Sonntagabend stellen könnte. Mit jener Partei, die Feindbild für viele Grüne ist – was auch umgekehrt gilt. Ein solches Bündnis könnte den grünen Wahlkämpfern in Hessen die Stimmung verhageln. Sie sind mit derzeit 18 Prozent ebenfalls nahe an einem historischen Ergebnis. Wahrscheinlich werden sich die Grünen erst einmal nicht in die Karten schauen lassen.
Für die Liberalen ist Bayern eine Achterbahn. In der vorletzten Legislaturperiode regierte man noch mit, dann flog man aus dem Parlament und nun könnte es wieder zum Mitregieren reichen. Spitzenkandidat Martin Hagen bietet sich schon an, obwohl die Umfragewerte mit 5,5 Prozent noch auf eine Zitterpartei hindeuten. „Die CSU braucht einen Aufpasser an ihrer Seite“, erklärte er am Freitag und bekundete, dass Schwarz-Gelb seine Wunschkoalition sei. Falls es eine Dreierkoalition sein muss, wünscht sich Hagen die Freien Wähler dazu.
Die Linke galt in Bayern bisher als unwählbar. Noch nie reichte es für Sitze im Landtag. Doch das Klima scheint sich verändert zu haben. Fraktionschefin Sahra Wagenknecht erlebte bei ihren Wahlkampfeinsätzen nicht nur volle Säle, sondern auch großen Respekt. In Mertingen wurde sie vor ihrer Veranstaltung gar gebeten, sich in das Goldene Buch der Stadt einzutragen. Gut sieht es für die Partei auch in Hessen aus, wo man bisher immer um den Einzug in den Landtag bangen musste. Jetzt liegt man dort in den Umfragen bei acht Prozent.
Für die AfD deutet sich ein doppelter Triumph an. Laut den letzten Umfragen wird sie in Bayern wie in Hessen mit einem knapp zweistelligen Ergebnis in die Landtage einziehen – und ihre politische Landkarte damit um die letzten noch fehlenden Landtage komplettieren.