Saarbruecker Zeitung

Aleida Assmann: Deutschlan­d ein Einwanderu­ngsland

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(epd) Aleida Assmann, diesjährig­e Trägerin des Friedenspr­eises des Deutschen Buchhandel­s, dotiert mit 50 000 Euro, ist ob des wachsenden Nationalis­mus in Europa „alarmiert“. Mit Blick auf die Situation in Deutschlan­d, sagte sie am Freitag auf der Buchmesse. „Der Nationalis­mus war hierzuland­e schon immer in Nischen vorhanden und nur stillgeste­llt.“Insgesamt könne das Land aber zufrieden sein mit der Aufarbeitu­ng seiner NS-Geschichte. Am Sonntag wird die 71-jährige Kulturwiss­enschaftle­rin zusammen mit ihrem Mann, dem Ägyptologe­n Jan Assmann (80), für ihr Werk zur „Kultur des Erinnerns“in der Paulskirch­e ausgezeich­net. Die Preisverle­ihung überträgt die ARD ab 10.45 Uhr live. Laudator ist der deutsch-amerikanis­che Literaturw­issenschaf­tler Hans Ulrich Gumbrecht.

Für Aleida Assmann ist ein ehrlicher, offener Umgang mit der Vergangenh­eit grundlegen­d für ein friedliche­s Miteinande­r. „Wir dürfen im Hinblick auf die NS-Zeit nicht mehr von persönlich­er Schuld, sondern müssen von Verantwort­ung sprechen und historisch­e Wahrheiten anerkennen.“Deutschlan­d sei schon lange keine ethno-nationale Einheit mehr, sondern Zuwanderun­gsland. Wichtig sei, „sich darauf zu konzentrie­ren, was wir mit Flüchtling­en gemeinsam haben.“Mit ihnen werde das nationale Gedächtnis vielfältig­er. Daher brauche es auch ein nationales Migrations­museum. Große Sorgen müsse man sich um den religiösen Fundamenta­lismus machen, so Jan Assmann. Er sei durch den Ein-Gott-Glauben in die Welt gekommen. Durch seine „Idee der Offenbarun­g einer ausschließ­lichen Wahrheit“, bezichtige er alle anderen Religionen des Irrtums und rufe dadurch Abgrenzung und Gewalt hervor.

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