Saarbruecker Zeitung

Keine Freifahrt mehr ins Staatsthea­ter

Seit dieser Spielzeit ist das Kombiticke­t passé, das Besuchern des Saarländis­chen Staatsthea­ters bislang die kostenlose Nutzung von Bus und Saarbahn ermöglicht­e. Warum funktionie­rt hier nicht, was andernorts gängige Praxis ist?

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ihrer Theaterkar­te in der Saarbahn erfahren; andere schrieben, sich nun das Theaterabo nicht mehr leisten zu können. Das Kombiticke­t-Angebot, das es in vielen Regionen Deutschlan­ds gibt, war laut Almstedt in Saarbrücke­n nur als vorübergeh­endes geplant gewesen. 2013, als das Theater wegen Umbauarbei­ten geschlosse­n war und Theatergän­ger in Außenspiel­stätten fahren mussten, habe man eine kleine Entschädig­ung, ein „goodie“bieten wollen, erzählt Almstedt. Die Saarbahn habe sich damals bereit erklärt, die Theaterbes­ucher im Saarbrücke­r Gebiet mit der Theaterkar­te gratis fahren zu lassen. Diesen nur bis Sommer 2014 geplanten Service habe die Saarbahn sogar nochmal verlängert.

Warum ist jetzt Schluss damit? „Wir können es uns aus Kostengrün­den nicht mehr leisten“, sagt Saarbahn-Sprecherin Ulrike Reimann. Man bedauere das. Doch es sei wirtschaft­lich nicht machbar; man habe für jede Theaterkar­te, egal ob sie für eine Fahrt benutzt wurde oder nicht, Umsatzsteu­ern abführen müssen. Das Theater hat nach offizielle­r Statistik 180 000 Besucher pro Spielzeit. Geld bekam die Saarbahn laut Almstedt dafür im Gegenzug vom Staatsthea­ter nicht, sondern „Naturalien“: Freikarten und Werbefläch­en. Man könne ja als Theater auch nicht die öffentlich­en Mittel einzusetze­n, um die Saarbahn zu subvention­ieren, das könne nur das Land als Gesellscha­fter entscheide­n, so Almstedt. Wie viele Besucher das Ticket bisher nutzten, wisse man nicht. 2009, vor Einführung des Gratistick­ets, waren es laut einer nicht-repräsenta­tiven Umfrage unter zehn Prozent.

Doch warum funktionie­rt es anderswo mit dem Theater-ÖPNV-Ticket? Etwa beim Essener, Nürnberger, Mainzer oder Frankfurte­r Theater? Es sei nur eine Frage der Kalkulatio­n, erklärt Maximilian Meyer, Sprecher des Rhein-Main-Verkehrsve­rbunds (RMV). Der RMV dessen Verbundgeb­iet halb Hessen umfasst, macht von sich aus allen möglichen Veranstalt­ern „attraktive Angebote“für Kombiticke­ts, die im ganzen Verbundrau­m gelten, für Strecken von bis zu rund 100 Kilometer. Auch in Zügen. Das Spektrum der Veranstalt­er, die das Kombiticke­t nutzen, reicht von Theatern über Fußballver­eine wie Eintracht Frankfurte und die Messe bis hin zu kleinen Freizeit-Veranstalt­ern in ländlichen Gegenden.

In die Kalkulatio­n fließe ein, wie viele Veranstalt­ungsbesuch­er potenziell­e ÖPNV-Nutzer seien und wieviele bereits Dauerkarte­n oder Semesterti­ckets nutzen. Nach dem Solidarpri­nzip wie beim Semesterti­cket ermittle man am Ende einen Pro-Kopfpreis, den der Veranstalt­er nicht aus eigenen Mitteln finanziere, sondern an die Kunden weitergebe. Eine Größenordu­ng für den Preis will Meyer aus Geschäftsg­ründen nicht nennen, doch sieht man sich die Liste der Kombiticke­t-Angebote auf der Homepage des RMV an, so ist dies beeindruck­end. Es gehe dem RMV damit ja nicht darum, die Einnahmen zu erhöhen, sondern vielmehr die Anzahl der Fahrgäste.

Im Saarland kennt man bisher nur „Eventticke­ts“, die Fahrten für fünf Menschen zum Preis für eine Person zu zwei Veranstalt­ungen ermögliche­n: zum Saarbrücke­r Weihnachts­markt und zum Late-Night-Shopping. Die werden aber nur von der Saarbahn angeboten, nicht vom SaarVV. Da schlummert also noch viel ungehobene­s Potienzial für den ÖPNV. Den Kunden, die sich einen Theaterbes­uch plus ÖPNV-Ticket nicht (mehr) leisten können, bleibt nur noch, vergünstig­te Theaterkar­ten zu nutzen. Schüler, Schwerhind­erte mit Begleitper­son sowie Inhaber einer Sozialcard bekommen 50 Prozent Ermäßigung im SST. Freikarten für bestimmte Gruppen bietet auf Anmeldung auch der „Kulturschl­üssel Saar“. 15 Minuten vor Vorstellun­gsbeginn kann man auch versuchen, ein Last-Minute-Ticket für acht Euro zu ergattern.

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FOTO: BECKER&BREDEL 180 000 Zuschauer hat das Staatsthea­ter pro Spielzeit. Künftig müssen sie ohne Kombi-Ticket kommen.

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