Saarbruecker Zeitung

Ein Zeichen gegen das Schweigen

Etwa 2000 Menschen demonstrie­ren in Saarbrücke­n unter dem Motto „Herz statt Hetze“gegen Fremdenfei­ndlichkeit.

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(vod) Es scheint wie immer an einem Samstag in der Saarbrücke­r Bahnhofstr­aße. Es sind nicht mehr Menschen unterwegs als sonst. Auf dem Tbilisser Platz geht es ruhig zu. Menschen stehen in Grüppchen zusammen, unterhalte­n sich. Plötzlich erklingt der schrille Ton einer Trillerpfe­ife: Die Gruppen schließen sich zusammen. Um 15 Uhr versammeln sich alle vor dem Staatsthea­ter, um unter dem Motto „Herz statt Hetze“gegen Rassismus und Fremdenfei­ndlichkeit zu demonstrie­ren.

Menschen aus allen Ecken des Saarlandes ziehen an der Saar entlang bis vor die Europa-Gallerie. „Wir sind hier, wir sind bunt, AfD ist ungesund!“, schallt es durch die Straßen. Mit dabei unter anderem Vertreter der Jusos, der Grünen, Studenten und Mitarbeite­r von Gewerkscha­ften wie der IG Metall. Sie halten Fahnen oder selbst gebastelte Schilder hoch und skandieren im Chor: „Bürger lasst das Glotzen sein, reiht euch in die Demo ein!“

Für José Maicas von der Grünen-Fraktion im Stadtrat ist die Demonstrat­ion ein wichtiges Zeichen. Er sagt: „Wir müssen zeigen, dass wir mehr sind als diese wenigen, die so laut sind.“Den etwa 2000 Teilnehmer­n geht es darum, lauter zu sein als Pegida und andere rechte Gruppierun­gen. Sie wollen das Schweigen brechen und deutlich machen, dass sie anders denken. Das machen sie mit viel Witz und kreativen Ideen.

Janina Wolf aus St. Wendel hält ihr Schild hoch über die Menge. Darauf steht ein Zitat von Albus Dumbledore, Leiter der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei in der Harry-Potter-Reihe: „Obgleich wir von verschiede­nen Orten kommen und eine andere Sprache sprechen, schlagen unsere Herzen gemeinsam.“Eine Botschaft, die nicht nur in Großstädte­n eine Rolle spiele, erklärt die 28-Jährige:. „Wir müssen auch hier im Saarland zeigen, dass wir an einem Strang ziehen.“

Dieser Meinung ist auch Erika Schwang aus Saarbrücke­n. Die 68-Jährige trägt eine Fahne vom Frauenverb­and Courage vor sich her. Es sei wichtig, dass sich auch Frauen zu Wort melden und für eine offene Gesellscha­ft kämpfen, die Menschen anderer Kulturen willkommen heißt.

Neben ihr zieht eine Gruppe vom Staatsthea­ter vorbei. In der Mitte schreitet Schauspiel­erin Verena Buckal in einem langen weißen Kleid daher. Sie verkörpert die Hauptrolle in einem Stück über die Saarbrücke­r Künstlerin Ingrid Caven, das ab November in der Sparte 4 zu sehen sein wird. Über ihrem Kopf hält sie ein Röntgenbil­d in der Hand. Das Röntgenbil­d ist für sie ein Symbol der Gleichheit. „Im Tod sind wir alle gleich“, sagt Buckal.

Vor der Europa-Gallerie begrüßt Veranstalt­er Gökdeniz Özcetin die Demonstran­ten. Die Vorfälle in Chemnitz nennt er „eine Schande für unser Land“. Im Anschluss reden Saar-Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger, Oberbürger­meisterin Charlotte Britz und die Bundestags­abgeordnet­e Josephine Ortleb (alle SPD). Sie rufen geschlosse­n zu einem klaren Nein gegen Fremdenhas­s auf. Die Menschenme­nge wiederholt lautstark im Chor: „Wir sind mehr!“und „Nazis raus!“

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