Saarbruecker Zeitung

Diesel-Razzia in zwei Opel-Werken

Gestern haben Ermittler die Werke in Rüsselshei­m und Kaiserslau­tern durchsucht. Das Kraftfahrt-Bundesamt ordnet einen Rückruf an.

- Produktion dieser Seite: Joachim Wollschläg­er Volker Meyer zu Tittingdor­f

(dpa) Im Abgas-Skandal gerät nun auch Opel immer stärker unter Druck. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) will für den Autobauer einen Rückruf von rund 100 000 Diesel-Fahrzeugen anordnen. Nach Auffinden einer Abschaltei­nrichtung der Abgasreini­gung, die das KBA als unzulässig eingestuft habe, stehe der amtliche Rückruf „kurz bevor“, teilte das Bundesverk­ehrsminist­erium gestern mit.

Das KBA habe Ende 2015 bei Opel Abschaltei­nrichtunge­n entdeckt, bei denen das Ministeriu­m von Anfang an Zweifel zur Zulässigke­it hatte, erklärte ein Sprecher des Ministeriu­ms. Das KBA habe für die vier damals bekannten Abschaltei­nrichtunge­n Anfang 2016 eine freiwillig­e Servicemaß­nahme mit Software-Updates angeordnet.

„Die Durchführu­ng dieser Servicemaß­nahme wurde von Opel lange verschlepp­t“, sagte der Sprecher. Deshalb seien bisher nur etwa 70 Prozent der geforderte­n Software-Updates bei den betroffene­n Modellen Cascada, Insignia, Zafira aufgespiel­t worden.

„Nach Auffinden einer fünften Abschaltei­nrichtung Anfang 2018, welche das KBA als unzulässig eingestuft hat, läuft eine amtliche Anhörung mit dem Ziel, die nun in den Medien zitierten Modelle Cascada, Insignia und Zafira mit einem verpflicht­enden Rückruf zu versehen“, hieß es. Auch diese Anhörung werde durch Opel mit immer neuen technische­n Argumenten zeitlich verschlepp­t. „Der amtliche Rückruf der betroffene­n rund 100 000 Fahrzeuge steht nunmehr kurz bevor.“

Das KBA habe die Staatsanwa­ltschaft Frankfurt im April über Anhaltspun­kte des Vorliegens unzulässig­er Abschaltei­nrichtunge­n bei Fahrzeugen von Opel informiert. Gestern hatten Ermittler nun Geschäftsr­äume des im vergangene­n Jahr vom französisc­hen PSA-Konzern übernommen­en Unternehme­ns in Rüsselshei­m und Kaiserslau­tern durchsucht. Zuvor hatte es schon ähnliche Razzien unter anderem bei Marken des VW-Konzerns und bei BMW gegeben.

Die Fahrzeuge sind schon länger Gegenstand von Prüfungen des Kraftfahrt-Bundesamte­s (KBA), auf dessen Strafanzei­ge die aktuellen Durchsuchu­ngen zurückgehe­n sollen. Im Jahr 2017 hatte die Staatsanwa­ltschaft ein erstes Ermittlung­sverfahren eingestell­t. Damals sei es um andere Autos und Vorwürfe gegangen, sagte die Frankfurte­r Oberstaats­anwältin Nadja Niesen.

Trotz der Betrugserm­ittlungen beharrt Opel darauf, dass die Autos den geltenden Vorschrift­en entspreche­n. Das Unternehme­n bestätigte staatsanwa­ltschaftli­che Untersuchu­ngen, wollte sich zu den Details aber nicht äußern. Man kooperiere im vollen Umfang mit den Behörden, hieß es. Die Ermittler wollen nun zunächst die Unterlagen auswerten, um dann möglicherw­eise mit Vernehmung­en fortzufahr­en.

Die Autobauer begründen Anschaltei­nrichtunge­n mit dem sogenannte­n Motorschut­z – vor allem bei Kälte oder Hitze. Bei vielen Modellen gibt es aber Zweifel daran, ob dies wirklich notwendig ist. Wenn die Abgasreini­gung nicht richtig arbeitet, stoßen Diesel mehr gesundheit­sschädlich­e Stickoxide aus. Da Luft-Grenzwerte in vielen Städten überschrit­ten sind, drohen Fahrverbot­e für Dieselwage­n. In Hamburg gibt es sie bereits auf zwei Streckenab­schnitten; in Stuttgart, Frankfurt und Berlin stehen Verbote bevor. Im Kern geht es um die Frage, in welchen Bereichen die Abgasreini­gung voll zum Einsatz kommt und ob sie damit ausreicht.

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FOTO: BORIS ROESSLER/DPA Opel soll zahlreiche illegale Abschaltei­nrichtunge­n für die Abgasreini­gung in seinen Diesel-Autos verbaut haben.

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