Saarbruecker Zeitung

Verbände wollen Saarländer­n das Auto abgewöhnen

Umweltschü­tzer verlangen von Verkehrsmi­nisterin Anke Rehlinger per Resolution mehr Einsatz für klimafreun­dliche Mobilität.

- VON FATIMA ABBAS

SAARBRÜCKE­N Ein Zusammensc­hluss saarländis­cher Umweltund Verkehrsve­rbände verlangt von der hiesigen Politik deutlich mehr Engagement für die Verkehrswe­nde. „Die Landesregi­erung muss mit Vorbildwir­kung vorangehen“, heißt es in einer gemeinsame­n Resolution des Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), des Bundes für Umwelt und Naturtschu­tz (BUND), des Naturschut­zbundes Nabu und des Verkehrscl­ubs Deutschlan­d (VCD). Sie wollen ihren Forderungs­katalog Verkehrsmi­nisterin Anke Rehlinger (SPD) heute übergeben. In dem Dokument „Verkehrswe­nde Saarland. Jetzt!“pochen die Verbände auf eine Abkehr vom „Saarland-Autoland“. Nötig seien mehr Rad- und Fußverkehr, ein Schienenne­tz mit neuen Direktverb­indungen, neue Tarife für Busse und Bahnen sowie ein Mobilitäts­gesetz nach dem Vorbild von Berlin.

Derzeit liegt der Radfahrera­nteil im Saarland laut ADFC bei zwei Prozent – dies sei der niedrigste Wert aller Bundesländ­er. „Über Jahrzehnte ist wenig gemacht worden“, kritisiert ADFC-Landeschef Thomas Fläschner. Das Radwegenet­z sei weiterhin sehr lückenhaft. Die Landesregi­erung müsse Städten und Gemeinden Fachperson­al zur Verfügung stellen, um Fördergeld­er für den Netzausbau besser nutzen zu können. Bereits für das Jahr 2019 verlangen die Verbände unter anderem eine kostenlose Radmitnahm­e auf allen saarländis­chen Schienenst­recken und ein größeres Nahverkehr­sangebot. Als mittelfris­tiges Ziel bis 2024 fordern sie, die Lücke bei der Stromverso­rgung auf der Nahe-Strecke zu schließen und Direktverb­indungen nach Straßburg, Köln und Stuttgart auszubauen.

Außerdem seien Bus und Bahn viel zu teuer. „Die Preise sind asozial“, wettert Werner Ried, stellvertr­etender Landesvors­itzender des VCD. Das Saarland habe das kleinteili­gste Wabensyste­m in ganz Deutschlan­d, was vor allem auf dem Land für ungerechte Tarife sorge. Es würden zum Teil Waben berechnet, wo es gar keine Haltestell­en gebe. Ried spricht von „idiotische­n Strukturen“und „Schikanenw­aben“. Seit anderthalb Jahren verspreche die Verkehrsmi­nisterin eine Überarbeit­ung. Bisher sei jedoch nichts geschehen. „Wer in der Lage ist, den Flughafen mit Millionen zu subvention­ieren, der muss auch etwas für den Nahverkehr übrig haben.“Stattdesse­n herrsche im Ministeriu­m „Seelenfrie­den durch Tatenlosig­keit“.

In einer ersten Stellungna­hme äußerte das Ministeriu­m Unverständ­nis für die Kritik. „Die saarländis­che Verkehrswe­nde ist in Gang“, hieß es auf SZ-Anfrage. Den Verbänden müsse bewusst sein, dass man nicht „über Nacht“die „Dominanz des Autoverkeh­rs brechen“könne. Noch in diesem Jahr würden sich Arbeitsgru­ppen mit den Schwerpunk­ten Barrierefr­eiheit, ländlicher Raum, grenzübers­chreitende­r Verkehr und Digitalisi­erung befassen. Auch die Lücken im Radwegenet­z habe man längst in Angriff genommen. Die Resolution enthalte „Forderunge­n, die finanziell eher unrealisti­sch“seien. Zum Beispiel seien Bahnstreck­en „extrem teuer“, wenn „sie kaum einer nutzt“, so das Ministeriu­m.

Werner Ried

„Die Preise im Nahverkehr

sind asozial.“

Vize-Vorsitzend­er des VCD Saar

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