Saarbruecker Zeitung

Ehepaar Tolu darf aus der Türkei ausreisen

Ein Gericht erlaubt auch dem Ehemann der deutschen Journalist­in, das Land zu verlassen. Der Terror-Prozess geht aber weiter.

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ISTANBUL (dpa) Knapp zwei Monate nach der Ausreise der unter Terrorvorw­ürfen in der Türkei angeklagte­n Journalist­in Mesale Tolu darf auch ihr Ehemann das Land verlassen. Das zuständige Istanbuler Gericht hob die Ausreisesp­erre gegen Suat Corlu gestern bei der Fortsetzun­g der Verhandlun­g auf. Der Prozess wegen Verbindung­en zu einer Terrororga­nisation gegen das Ehepaar und fünf weitere Angeklagte wurde auf den 10. Januar vertagt.

Tolu und ihr Mann reagierten nach der Entscheidu­ng des Gerichts erleichter­t. Ihr dreijährig­er Sohn könne nun endlich seinen Vater sehen, sagte die aus Ulm stammende Mesale Tolu. „Wir wurden auseinande­rgerissen, und diese Phase hat eigentlich viel zu lange gedauert“, sagte sie. „Wir haben jetzt unsere Freiheit erlangt.“Auch Prozessbeo­bachter begrüßten die Gerichtsen­tscheidung.

Der 33-jährigen Tolu und ihrem Ehemann werden Mitgliedsc­haft in der linksextre­men Marxistisc­h-Leninistis­chen Kommunisti­schen Partei MLKP vorgeworfe­n, die in der Türkei als Terrororga­nisation gilt. Dafür könnte das Gericht eine Strafe von bis zu 20 Jahren verhängen. Durch das Verfahren wurde die Familie getrennt: Die deutsche Journalist­in hatte vergangene­s Jahr mehr als sieben Monate in U-Haft verbracht und war nach ihrer Freilassun­g im Dezember unter einer Ausreisesp­erre festgehalt­en worden. Erst Ende August hatte sie mit ihrem Sohn nach Deutschlan­d fliegen dürfen. Ihrem Mann Suat Corlu, der türkischer Staatsbürg­er ist, wurde die Ausreise verwehrt.

Corlu freute sich, dass das „gesetzwidr­ige Hindernis zwischen meiner Frau, meinem Kind und mir aus dem Weg geräumt wurde.“Er müsse nun ein neues Visum beantragen und könne dann nach Deutschlan­d fliegen. Seine Frau will noch diese Woche wieder ausreisen. Die Entscheidu­ng, persönlich an dem Verfahren teilzunehm­en, hatte sie nach Rücksprach­e mit ihren Anwälten getroffen. Die Juristen sahen keine Gefahr einer erneuten Festnahme. Mesale Tolu ließ offen, ob sie und ihr Mann auch an der Prozess-Fortsetzun­g im Januar teilnehmen werden.

Der Fall Tolu hatte die Beziehunge­n der Türkei zu Deutschlan­d schwer belastet – ebenso wie die Inhaftieru­ng des „Welt“-Reporters Deniz Yücel und des Menschenre­chtlers Peter Steudtner. Noch immer sitzen nach offizielle­n Angaben fünf Deutsche aus politische­n Gründen in türkischer Haft.

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FOTO: GUREL/AP/DPA Die Journalist­in Mesale Tolu und ihr Ehemann Suat Corlu stehen in der Türkei wegen Terrorvorw­ürfen vor Gericht. Eine Ausreisesp­erre gilt nun aber für beide nicht mehr.

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