Saarbruecker Zeitung

Rehlinger macht Bus-Notstand zur Chefsache

Eine Taskforce soll Konzepte entwickeln, um im Saarland neues Personal für den Busverkehr zu gewinnen. Im Fokus stehen Ältere und Flüchtling­e.

- Produktion dieser Seite: Volker Meyer zu Tittingdor­f Joachim Wollschläg­er

ist längst auch bei den Fahrgästen angekommen. In Saarbrücke­n waren über Wochen immer wieder Busse ausgefalle­n – ein Problem, das zahlreiche Schüler und Arbeitnehm­er zu spüren bekamen, wenn sie morgens vergeblich auf den Bus warten mussten. Die Saarbahn hat nun mit einem Notfahrpla­n reagiert. 16 von 42 Linien sind ausgedünnt, um mit weniger Fahrern zwar einen weniger häufigen aber dafür zuverlässi­gen Busverkehr zu ermögliche­n.

Die Gewerkscha­ft Verdi bemängelt seit Monaten die Zustände, sowohl bei privaten als auch bei kommunalen Unternehme­n des Öffentlich­en Personenna­hverkehrs (ÖPNV). Die Kollegen würden immer wieder zu Extra-Schichten einbestell­t, weil Kollegen ausgefalle­n waren. Zahlreiche Überstunde­n seien ebenso die Folge wie erhebliche Einschränk­ungen in der Freizeitpl­anungen, weil es keine zuverlässi­gen freien Wochenende­n gebe.

Die Taskforce aus Arbeitsmar­kt-Experten des Ministeriu­ms und Vertretern der Verkehrsun­ternehmen sollen nun konkrete Maßnahmen zur Personalre­krutierung entwickeln. „Der Arbeitsmar­kt gibt keine Busfahrer mehr her“, sagt Rehlinger. Und es hätte auch keinen Sinn, wenn sich die Unternehme­n gegenseiti­g Busfahrer abwerben, weil der Mangel auf diese Weise nur verschoben wird. Deshalb müsse es jetzt darum gehen, neue Zielgruppe­n anzusprech­en, auszubilde­n und zu qualifizie­ren.

Potenzial sehen die Verkehrsun­ternehmen unter anderem bei älteren Arbeitnehm­ern, aber auch bei geflüchtet­en Menschen. Sie könnten für die Arbeit als Busfahrer qualifizie­rt werden. Bei den Geflüchtet­en wären ergänzende Sprachkurs­e sinnvoll.

Für die Integratio­n Geflüchtet­er in den Arbeitsmar­kt gibt es aus Sicht des Wirtschaft­sministeri­ums bereits Erfolgsbei­spiele. So starteten im vergangene­n Mai zwanzig Ingenieure mit Fluchthint­ergrund eine Weiterbild­ung in der Energie- und Wasserwirt­schaft. „Nach diesem Vorbild könnte auch ein Qualifizie­rungsproze­ss für Busfahrer im ÖPNV aussehen“, sagt Rehlinger. Das Projekt wurde von den Jobcentern, der Wirtschaft, dem Ministeriu­m und der Regionaldi­rektion der Bundesagen­tur für Arbeit koordinier­t.

Rehlinger zufolge besitzen 3000 Menschen im Saarland einen Busführers­chein, aber nur 2000 seien auch als Busfahrer im Einsatz. Ein Grund dafür seien unter anderem die Arbeitsbed­ingungen. Diese stehen schon lange in der Kritik der Gewerkscha­ft Verdi. Busfahrer müssen nicht nur frühmorgen­s, spätabends und an Wochenende­n fahren, häufig haben sie, vor allem bei den privaten Busunterne­hmen, sogenannte geteilte Schichten. Bei ihnen fährt ein Busfahrer mehrere Stunden, beispielsw­eise im Schülerver­kehr, hat dann eine mehrstündi­ge Pause, um dann noch einmal mehrere Stunden zu fahren. Die Pausen allerdings werden nicht vergütet, sondern als Freizeit behandeln. Hier fordert Verdi schon lange eine Lösung, da dies häufig zu Einsatzzei­ten der Busfahrer von um die 15 Stunden führe.

Auch die Ausbildung in Busunterne­hmen will die Taskforce stärker fördern. So könne beispielsw­eise bei den Ausschreib­ungen eine feste Ausbildung­squote gefordert werden. Insgesamt, so Rehlinger, müsse das Berufsbild des Busfahrers attraktive­r werden: „Wer jeden Tag Verantwort­ung für Hunderte Fahrgäste, darunter viele Kinder, trägt, hat Anerkennun­g, Sicherheit und attraktive Arbeitsbed­ingungen verdient.“

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FOTO: DIETZE/DPA Die saarländis­che Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger will neue Zielgruppe­n ansprechen.

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