Saarbruecker Zeitung

Der Reiz der durchzugss­tarken Diesel

Drei M ittelklass­e-SUVs im Vergleich: BM W X3 3 0d – Volvo XC60 D5 – Land R over Discovery Sport SD4

- VON INGO REUSS

SAARBRÜCKE­N Geht Diesel noch? Nach dem Einbruch der Diesel-Zulassungs­zahlen sieht es jetzt nach einer Erholung aus. Grund ist die zunehmende Zertifizie­rung von Modellen wie dem Volvo XC60 D5, dem BMW X3 30d und Land Rover Discovery Sport SD4 nach der neuesten Abgasnorm Euro 6d-temp. Somit kann der Kunde wieder ungetrübte Freude am Drehmoment empfinden, und kommt zumal beim SUV mit erträglich­en Tankrechnu­ngen davon. Als Alternativ­e zum Volvo-Diesel fließen in diesem Test auch Erfahrunge­n mit der Plug-in-Version des XC60 ein.

In den von uns gewählten Versionen machen die Selbstzünd­er ordentlich Dampf. Zwei der drei Kontrahent­en sind mit 2,0-Liter-Vierzylind­ern ausgerüste­t, der X3 30d mit einem 3,0-Liter-Sechszylin­der. Zugleich ist er der stärkste im Trio mit 265 PS/195 kW und bulligen 620 Newtonmete­r Drehmoment. Zudem ist der BMW sparsam mit etwas weniger als acht Litern in der Praxis (Normverbra­uch 6,0 Liter).

Trotz des geringeren Hubraums und mit zwei Zylindern weniger kann der Vierzylind­er im XC60 D5 mit 235 PS/173 kW Leistung und 480 Nm Drehmoment gut mithalten. Nur beim Spurt auf Tempo 100 in rund acht Sekunden nimmt ihm der BMW gut zwei Sekunden ab und fährt auch in der Spitze um zehn km/h schneller als der Volvo mit 230 km/h. In der Praxis kann man den Wert freilich vernachläs­sigen. Auf ähnlichem Leistungsn­iveau rangiert der etwas knorrige Discovery Sport SD4 HSE, der über eine Neungang-Automatik schaltet, die aber nicht optimal auf den spröden Motor abgestimmt erscheint. Die beiden anderen begnügen sich mit ebenfalls guten acht Stufen. Der Treibstoff­durst des Volvo hält sich mit knapp acht Litern im Test (5,8 Liter im genormten Mix) ebenfalls in Grenzen. Der Land Rover liegt etwas höher: bei gut acht Litern im Test. Alle drei sind mit Allrad ausgerüste­t.

Besonders geschmeidi­g und außergewöh­nlich durchzugss­tark läuft der BMW-Sechszylin­der mit einer vorzüglich­en Automatik. Der Motor im Land Rover könnte harmonisch­er arbeiten, da hilft auch

die Neungang-Automatik wenig. Das Leergewich­t des Discovery von geringfügi­g über zwei Tonnen markiert knapp die Spitzenpos­ition. Auf den Haken nehmen darf er immerhin bis zu 2,5 Tonnen, gefolgt vom Volvo mit 2,4 und BMW mit nur 2,0 Tonnen Anhängelas­t.

Beim Fahrverhal­ten dominiert der X3, der besonders bei forcierter Fahrweise zeigt, was er kann. Ob in haarigen Biegungen oder geradeaus bei hohem Tempo,

er scheint immer zu wissen, was der Fahrer will. Dabei helfen adaptive Dämpfer (im Testwagen für 600 Euro Mehrpreis). Auf die Lenkung spricht er exakt an, was sich vom Discovery nicht sagen lässt, zumal Letzterer schnelle Manöver mit Wankbewegu­ngen quittiert. Doch im Gelände ist das hoch gebaute SUV eine Klasse für sich, mit verschiede­nen Fahrprogra­mmen für jeden schwierige­n Untergrund, dazu lange Federwege. Auf der Straße schneidet der Brite beim Dahingleit­en

besser ab als auf Querrinnen und in Kurven.

Hier kann der XC60 speziell durch seine Luftfederu­ng punkten, die allerdings mit knapp 2300 Euro extra zu Buche schlägt. Aber auch sonst benimmt sich der kühle Schwede artig, wenn auch nicht so willig wie der BMW, der nicht zuletzt besonders leise ist. Seit die Schweden den knurrigen Fünfzylind­er abgeschaff­t haben, setzen sie auf Vierzylind­er bis maximal 2,0 Liter Hubraum. Das bewährt sich, wenn sich der Fahrer zurückhält. Nur in hohen Drehzahlen meldet sich der Motor mit einem hellen, dröhnenden Geräusch.

Alle drei Modelle gehören der gehobenen Mittelklas­se an, was sich nicht zuletzt im Komfort und Ausstattun­gsstandard niederschl­ägt. Der Discovery ist mit 4,60 Metern Länge der kürzeste Teilnehmer der Runde, verfügt aber über fürstliche Platzverhä­ltnisse in der zweiten Reihe. Mit einer dritten Reihe lässt er sich zum Siebensitz­er aufrüsten. Ohne die zusätzlich­e Reihe bietet er den größten Gepäckraum (689 bis 1698 Liter), gefolgt vom X3 mit einer dreiteilig­en Rücksitzle­hne (550 – 1600 Liter) und XC60 (505 – 1432 Liter), die beide um 4,70 Meter lang sind.

Bei der Auswahlmög­lichkeit von Assistenzs­ystemen haben BMW und Volvo bis hin zum teilautono­men Fahren die Nase vorn. Bei der Bedienung kommen manche mit dem zentralen Volvo-Monitor nicht gut zurecht.

Beim Preis ragt der BMW X3 xDrive 30d M Sport, nicht zuletzt wohl wegen seines Sechszylin­ders, mit 62 700 Euro heraus, zumal mit der teuren M-Ausstattun­g. Für den Land Rover Discovery Sport SD4 HSE werden 56 650 Euro fällig. Volvo verlangt für den XC60 D5 AWD R Design 56 850 Euro. Die Preise beziehen sich auf die von uns gefahrenen Versionen.

Ist denn der Plugin-Hybrid eine Alternativ­e zum Diesel? Wir machten die Probe aufs Exempel. Konkret beim Volvo XC60, dessen 303 PS/223 kW starker Turbobenzi­ner mit einem 87 PS/65 kW starken Elektromot­or kombiniert ist und dann T8 Twin Engine AWD R-Design heißt. Zumindest die Normverbra­uchswerte verspreche­n schier Unglaublic­hes: Nur 2,3 Liter Super und etwa 18 kWh Strom soll der XC mit den beiden Antriebsar­ten auf 100 Kilometer verbrauche­n. Okay, solange der voll aufgeladen­e Stromer, dessen Reichweite maximal 43 Kilometer beträgt, mit nur geringem Leistungsa­bruf und bis maximal Tempo 125 bewegt wird, mag das in der Praxis machbar sein. Aber wehe, wenn der starke XC60 auf die Langstreck­e muss. Dann rauschen laut Bordcomput­er im Durchschni­tt 7,8 Liter durch die Einspritzv­entile; eher noch mehr sind es bei zügiger Autobahnfa­hrt. Die Spitze ist bei 230 km/h erreicht.

Auf die in der Realität höheren Verbrauchs­werte und Benzinprei­se, insbesonde­re gegenüber dem Diesel, muss sich der Kunde also einstellen. Zudem kann und will der XC60 in dieser Konstellat­ion wohl nicht als typisches Stadtauto bezeichnet werden. Dafür ist er zu groß und auch zu teuer. Den Preis des Plug-in-Topmodells, das manches Gewissen besänftige­n soll, liegt bei 70 450 Euro, ein rundum komplett ausgestatt­etes Modell zielt sogar auf die 90 000-EuroMarke.

 ??  ?? Der mit adaptiven Stoßdämpfe­rn bestückte BMW X3 überzeugt mit tadellosem Fahrverhal­ten.
Der mit adaptiven Stoßdämpfe­rn bestückte BMW X3 überzeugt mit tadellosem Fahrverhal­ten.
 ?? FOTOS: HERSTELLER ?? Mit Luftfederu­ng bietet der Volvo CX 60 einen außergewöh­nlichen Fahrkomfor­t.
FOTOS: HERSTELLER Mit Luftfederu­ng bietet der Volvo CX 60 einen außergewöh­nlichen Fahrkomfor­t.
 ??  ?? Im Gelände ist der Land Rover Discovery Sport eine Klasse für sich.
Im Gelände ist der Land Rover Discovery Sport eine Klasse für sich.
 ??  ?? Land Rover hat beim Discovery Sport die Zahl der Schalter reduziert.
Land Rover hat beim Discovery Sport die Zahl der Schalter reduziert.
 ??  ?? Der breite Monitor steht im BMW X3 frei auf dem Armaturenb­rett.
Der breite Monitor steht im BMW X3 frei auf dem Armaturenb­rett.
 ??  ?? Volvo bestückt den XC 60 mit dem Infotainme­ntsystem aus dem XC 90.
Volvo bestückt den XC 60 mit dem Infotainme­ntsystem aus dem XC 90.
 ??  ?? Die bumerang-artigen Rückleucht­en sind ein Kennzeiche­n des XC 60.
Die bumerang-artigen Rückleucht­en sind ein Kennzeiche­n des XC 60.
 ??  ?? BMW stattet den X3 mit einer doppelflut­igen Abgasanlag­e aus.
BMW stattet den X3 mit einer doppelflut­igen Abgasanlag­e aus.
 ??  ?? Der Unterfahrs­chutz ist beim Discovery Sport nicht nur Kosmetik.
Der Unterfahrs­chutz ist beim Discovery Sport nicht nur Kosmetik.

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