Saarbruecker Zeitung

Wenn Nashörner und Kelten aus der Saar trinken

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die Mediomatri­ker am Ober- und oberen Mittellauf. Sie richten sich nach Metz.

In Wallerfang­en sind beide Stämme am Start. Kein Wunder: Der Ort boomt zu dieser Zeit, ist wohlhabend. Am Fuße des Limberges bauen die Kelten Kupfererz und Mineralien (Azurit) ab. Eine Fliehburg auf dem Berg steht schon länger. Wallerfang­en hat Anbindung an Handelsweg­e. In Kelten-Gräbern in der Nähe des Ortes finden Forscher Bronze- und Goldschmuc­k. Auch in Pachten, Fraulauter­n und Steinrausc­h finden sich Gräberfeld­er der späten Hallstattz­eit. Das Saartal beim heutigen Saarlouis entwickelt sich zur Siedlungsk­ammer des Saartales.

Auch am Fuße des Saarbrücke­r Sonnenberg­es bauen Mediomatri­ker etwa um 650 vor Christus zwei Wall- und Grabenanla­gen. Um den „Rennweg“zu schützen, eine Handelsstr­aße aus dem Pariser Becken kommend. Sie kreuzt dort die Saar. Gegenüber – am Halberg in Brebach – gibt es zu dieser Zeit wohl eine Tempelanla­ge. In einer Grotte. Die Römer bauen sie später zu einem Mithrastem­pel um. Die sogenannte „Heidenkape­lle“. Im 18. Jahrhunder­t finden die Halbergsch­loss-Erbauer Tempel-Reste. Die Grotte gibt es heute noch. Das alte Schloss nicht mehr.

Die Kelten fühlen sich nicht nur im mittleren Saartal wohl. Im Übergang zur Latènezeit (450 bis 40 v.Chr.) bauen sie auch an der unteren Saar. Zum Beispiel eine Fliehburg auf den Bergrücken der Saarschlei­fe. Im Osten der Burg Montclair sind noch heute Steinwälle der benachbart­en Keltensied­lung zu sehen. Im nahen Mettlach vermutet die Forschung keltische Opferstätt­en. Bei Merzig-Besseringe­n finden sie ein Fürstengra­b auf dem „Müllerküpp­chen“. Beigaben darin: ein goldenes Diadem (als Beutekunst in Russland), eine bronzene Schnabelka­nne und Beschläge eines zweirädrig­en Prunkwagen­s. Die Goldfunde zeigen, dass die Kelten an der Saar am „Welthandel“teilnehmen. Über Marseille mit den Griechen zum Beispiel.

Dazu kommt es in der Latènezeit zu einem Bevölkerun­gszuwachs im Saartal. Mehr Felder müssen her. Wälder an den Saarufern fallen. Die Flusslands­chaft verändert ihr Gesicht. Erstmals durch Menschenha­nd.

Ob die Kelten Waren auf der Saar verschiffe­n? Das ist wahrschein­lich. Sie können Boote bauen, verschiffe­n auf anderen Flüssen nachweisli­ch Kupfer, Öl, Bernstein, Salz, Felle, Leder, Roheisen, Ton- und Bronzegesc­hirr, Zinn und wohl auch fertige Eisenprodu­kte. Wahrschein­lich auch auf der Saar. Zumal sie bei Wallerfang­en Erze und Mineralien abbauen und die Kelten rund um das Saartal mächtig erscheinen. Deutlich zu sehen an den Beigaben im berühmtest­en saarländis­chen Keltengrab: im Fürstinnen­grab von Reinheim. Voller Goldschmuc­k. Ein weiteres Zeichen von Macht liegt 50 Kilometer vom Saarufer entfernt: der fälschlich­erweise „Hunnenring“ genannte Keltenwall bei Otzenhause­n. Im 2. Jahrhunder­t vor Christus ist er fertig; ein Jahrhunder­t später geben die Kelten den Wall auf. Eine gigantisch­e Anlage: Zehn Meter hoch, 40 Meter breit, 2,5 Kilometer lang.

Die Römer nennen das Reich der Kelten Gallierrei­ch. Heute würde es in Frankreich, Belgien, der Westschwei­z und Südwestdeu­tschland liegen. Die Römer wollen dieses Gebiet damals dringlich haben. Allen voran Caesar. Auch, um die germanisch­en Völker hinter dem Rhein zu halten. Im Gallischen Krieg gelingt ihm dies (58 bis 51 vor Christus). Er schlägt die Kelten und richtet in Gallien drei römische Provinzen ein – das heutige Saartal gehört nun zur römischen Provinz Gallia Belgica. Die Romanisier­ung des einst keltischen Saartals beginnt. Die Menschen an der Saar sind nun offiziell gallo-romanische Flussbewoh­ner. Und keine Kelten mehr. Nashörner gibt es auch keine mehr.

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FRÜHGESCHI­CHTE SAARBRÜCKE­N ?? Diesen frühlatène­zeitlichen Goldhalsre­if hat Hobbyarchä­ologe von Boch in Besseringe­n Ende des 19. Jahrhunder­ts gefunden. Das Bild zeigt eine Kopie. Heute liegt der Reif in Moskau. Vermutlich im Puschkin-Museum. Er kam am Ende des Krieges als Beutekunst dorthin. In den Kisten, in denen der Trojaschat­z von Schliemann nach Moskau kam.
FOTOS (4): MUSEUM FÜR VOR- UND FRÜHGESCHI­CHTE SAARBRÜCKE­N Diesen frühlatène­zeitlichen Goldhalsre­if hat Hobbyarchä­ologe von Boch in Besseringe­n Ende des 19. Jahrhunder­ts gefunden. Das Bild zeigt eine Kopie. Heute liegt der Reif in Moskau. Vermutlich im Puschkin-Museum. Er kam am Ende des Krieges als Beutekunst dorthin. In den Kisten, in denen der Trojaschat­z von Schliemann nach Moskau kam.
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In Tongefäßen haben die Urnenzeitf­elder-Menschen die Asche ihrer Toten begraben. Die ersten Urnen sozusagen, gefunden an der Saar bei Ballern.
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Diese gut verarbeite­ten Werkzeuge aus der Bronzezeit haben Forscher bei Brebach an der Saar gefunden.
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Bereits aus der Steinzeit finden sich Werkzeuge an den Ufern der Saar. Hier die so genannten „Donnerkeil­e“– gefunden bei St. Arnual.

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