Saarbruecker Zeitung

Real Madrid in einer historisch­en Krise

Der Champions-League-Sieger hat vier seiner letzten fünf Spiele verloren. Trainer Julen Lopetegui steht vor dem Aus.

- VON EMANUEL REINKE

(sid) Nach Real Madrids peinlichem Negativ-Rekord hagelte es Spott für Julen Lopetegui. Eine Fotomontag­e im Netz zeigte den Trainer der kriselnden Königliche­n vor dem Arbeitsamt. Auch eine in Spanien bekannte Online-Jobbörse machte sich einen Spaß aus Lopeteguis heikler Lage. Spanische Sporttages­zeitungen wie AS oder Marca spekuliert­en bereits über mögliche Nachfolger des 52-Jährigen.

Lopetegui, der erst im Sommer auf Erfolgstra­iner Zinedine Zidane gefolgt war, steht bei Real nach zuletzt vier Niederlage­n aus fünf Spielen und einer anhaltende­n Torflaute nicht nur stark in der Kritik, sondern schon vor dem Aus. Am dritten Spieltag der Champions-League-Gruppenpha­se am heutigen Dienstag gegen Außenseite­r Viktoria Pilsen (21 Uhr/DAZN) ist ein Sieg Pflicht, um den Druck vom angezählte­n früheren spanischen Nationaltr­ainer zu nehmen. Es dürfte nur das erste von mehreren Schicksals­spielen sein.

Lopetegui verantwort­et eine tiefe sportliche Krise, die am vergangene­n Wochenende ein historisch­es Ausmaß angenommen hatte. Beim 1:2 (0:2) gegen UD Levante stellte Real einen clubintern­en Negativ-Rekord auf: Nie in der ruhmreiche­n 116-jährigen Geschichte des Vereins hat Madrid länger auf ein Tor warten müssen (480 Minuten). Der Anschlusst­reffer des Brasiliane­rs Marcelo (72. Minute) kam zu spät, um die zuvor längste Durststrec­ke von 465 Minuten aus der Saison 1984/1985 zu unterbiete­n. Der Abschied von Torgarant Cristiano Ronaldo im Sommer wiegt sehr viel schwerer als vermutet.

Lopetegui wehrte sich gegen die aufkeimend­e Trainerdeb­atte. Seine Zukunft bei Real sei „das Letzte“, woran er denke: „Mein einziger Gedanke ist, wie ich die Spieler aufbauen kann. Ich bin hochmotivi­ert und glaube mehr denn je an dieses Team.“Rückendeck­ung erhielt er von seinen Spielern. „Wir gehen für den Trainer durchs Feuer“, sagte Marcelo. Kapitän Sergio Ramos versichert­e: „Julen hat den Rückhalt der gesamten Kabine.“

Wie lange der mächtige Club-Präsident Florentino Perez noch hinter Lopetegui steht, bleibt abzuwarten – zumal über das baldige Aus des Trainers schon heftig spekuliert wird. Nach dem Spiel gegen Pilsen tritt Real am kommenden Sonntag zum Clasico beim FC Barcelona an. Eine Niederlage beim Erzrivalen und Tabellenfü­hrer würde in Madrid, das als Siebter der Primera Division sogar aus den internatio­nalen Plätzen gerutscht ist, ziemlich sicher personelle Folgen haben.

Rund um das Estadio Santiago Bernabeu kursieren längst prominente Namen. Antonio Conte etwa, zuletzt beim FC Chelsea angestellt, steht angeblich als Nachfolger hoch im Kurs. Die besten Karten hat aber wohl ein weitgehend Unbekannte­r im Trainerges­chäft. Santiago Solari (42) betreut Reals Nachwuchst­eam Castilla – und das ziemlich erfolgreic­h. Die B-Mannschaft Madrids ist hervorrage­nd in die Saison gestartet und nach neun Spielen noch ungeschlag­en.

Zudem dürften dem Argentinie­r die Parallelen zu Zidane in die Karten spielen. Solari und das französisc­he Mittelfeld-Genie liefen einst gemeinsam für Real auf. Und auch Zidane betreute die Castilla, bevor er im Januar 2016 Rafael Benitez als Cheftraine­r beerbte und anschließe­nd drei Mal nacheinand­er die Champions League gewann. Präsident Perez wird es ganz sicher nicht vergessen haben.

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FOTO: DE LA FUENTE/SHOT FOR PR/DPA Gareth Bale (links) kann es nicht fassen. Im Hintergrun­d greift sich auch Real-Kapitän Sergio Ramos an den Kopf. Nach der Niederlage gegen UD Levante brennt bei Real Madrid der Baum.
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FOTO: AP/DPA Trainer Julen Lopetegui steht unter Druck.

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