Saarbruecker Zeitung

Befristet Beschäftig­te zunehmend von Armut bedroht

- Produktion dieser Seite: Volker Meyer zu Tittingdor­f Thomas Sponticcia

(vet) Trotz zum Teil deutlicher Lohnsteige­rungen in den letzten Jahren kommen viele Beschäftig­te in Deutschlan­d mit ihrem Verdienst kaum über die Runden. Arbeitnehm­er mit einer befristete­n Stelle sind davon besonders betroffen. So waren im vergangene­n Jahr 18,3 Prozent dieser Beschäftig­ten von Armut bedroht. Im Jahr 2005 lag die Quote noch bei 8,6 Prozent. Das geht aus einer aktuellen Datenübers­icht des Europäisch­en Statistika­mts Eurostat hervor.

Nach den EU-Kriterien gilt als armutsgefä­hrdet, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevö­lkerung im jeweiligen Mitgliedss­taat verfügt. In Deutschlan­d lag dieser Schwellenw­ert für einen Alleinsteh­enden im vergangene­n Jahr bei 1096 Euro im Monat. Darin eingerechn­et sind auch alle staatliche­n Transfers wie zum Beispiel Hartz IV oder Wohngeld.

Insgesamt lag das Armutsrisi­ko unter den Arbeitnehm­ern mit einem befristete­n Vertrag 2017 in Deutschlan­d mehr als doppelt so hoch wie bei den unbefriste­t Beschäftig­ten. Zu den besonders armutsgefä­hrdeten Arbeitnehm­ergruppen zählen darüber hinaus die Teilzeitbe­schäftigte­n. Laut Eurostat waren im vergangene­n Jahr 14 Prozent von ihnen betroffen. Damit hat sich dieser Anteil im Vergleich zum Jahr 2005 mehr als verdoppelt.

Von den insgesamt 37,4 Millionen Arbeitnehm­ern in Deutschlan­d hatten nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s im Vorjahr knapp 4,8 Millionen eine befristete Anstellung. In Teilzeit arbeiteten fast elf Millionen Beschäftig­te. Gemessen an allen Arbeitnehm­ern ist aktuell etwa jeder zwölfte Erwerbstät­ige in Deutschlan­d von Armut bedroht.

„Nach wie vor sind viel zu viele Menschen arm trotz Arbeit“, kritisiert­e die arbeitsmar­ktpolitisc­he Sprecherin der Linken, Sabine Zimmermann, im Gespräch mit der SZ. Der Mindestloh­n sei zu niedrig, um die armutsgefä­hrdeten Beschäftig­ten aus der Armutsfall­e herauszuho­len. Außerdem müsse die sachgrundl­ose Befristung abgeschaff­t und ein Rückehrrec­ht in Vollzeit für alle Beschäftig­ten eingeführt werden. „Arbeit, von der man leben kann, ist das Maß der Dinge. Dafür muss die Bundesregi­erung die Voraussetz­ungen schaffen“, sagte Zimmermann.

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