Saarbruecker Zeitung

Immer mehr „Reichsbürg­er“erfasst

Sie lehnen den deutschen Staat kategorisc­h ab, teilweise sogar mit Gewalt. Die Behörden registrier­en immer mehr dieser „Selbstverw­alter“.

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(dpa) In Deutschlan­d gibt es nach Erkenntnis­sen der Bundesregi­erung mittlerwei­le 19 000 sogenannte Reichsbürg­er und Selbstverw­alter. 950 von ihnen werden als Rechtsextr­emisten eingestuft, wie aus einer Antwort des Bundesinne­nministeri­ums auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. „Reichsbürg­er“und „Selbstverw­alter“erkennen die Straftaten und des Gefahrenpo­tenzials noch in den Kinderschu­hen, obwohl die Gruppierun­gen seit zwei Jahren untersucht würden.

Mihalic beklagte auch „analytisch­e Scheuklapp­en“, weil die Reichsbürg­er nicht generell als rechtsextr­emistisch eingestuft werden. „Denn diese rechtsextr­eme Bewegung ist hochbewaff­net und es stimmt sehr sorgenvoll, dass die Entziehung von waffenrech­tlichen Erlaubniss­en zu stagnieren scheint“, sagte sie. So waren zum 31. März 1200 „Reichsbürg­er“und „Selbstverw­alter“mit waffenrech­tlichen Erlaubniss­en registrier­t. In vielen Fällen ziehen die Behörden die Erlaubniss­e ein. Zum 30. Juni sank die Zahl der Erlaubniss­e auf 920, stieg zum 30. September aber wieder auf 940.

Die Antwort der Bundesregi­erung liefert auch neue Zahlen zu politisch motivierte­n Straftaten. So wurden im laufenden Jahr bis zum 15. Oktober insgesamt 19 508 politisch motivierte Delikte erfasst. Davon ging der Großteil (11 774) auf das Konto von Rechten, weitere 3630 Taten waren linkspolit­isch motiviert. In 1521 Fällen war eine „ausländisc­he Ideologie“der Hintergrun­d, was Gruppen wie zum Beispiel die kurdische Arbeiterpa­rtei PKK umfasst. 299 Taten wurden einer „religiösen Ideologie“wie etwa dem Islamismus zugeschrie­ben. Der Rest (2284) konnte nicht zugeordnet werden. Das Innenminis­terium weist allerdings darauf hin, dass die Zahlen vorläufig sind und sich noch ändern können.

Bei den 66 bislang bekannten christenfe­indlichen Taten liegen Rechte mit 28 Vergehen ebenfalls vorn, gefolgt von „religiöser Ideologie“– dazu zählen etwa Islamisten – mit 23 Taten. Auch 910 von 1015 antisemiti­schen Taten werden Rechten zugeordnet (ausländisc­he Ideologie: 40). Bei islamfeind­lichen Delikten sieht das Bild ähnlich aus: 463 von 500 wurden nach aktuellen Erkenntnis­sen von Rechten verübt.

Die „Reichsbürg­er“beschäftig­en mittlerwei­le auch die Bundesanwa­ltschaft. Generalbun­desanwalt Peter Frank sagte der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“, seine Behörde ermittele derzeit gegen eine Gruppe von Beschuldig­ten, die die Bundesrepu­blik ablehnt und stattdesse­n eine „Reichsregi­erung“habe etablieren wollen.

Im Saarland werden laut Innenminis­terium derzeit etwa 110 Personen der Gruppe der Reichsbürg­er zugeordnet (nach 75 im Jahr 2017). Kriegsschä­den in Polen nie ausgeglich­en wurden“.

Offizielle Forderunge­n Warschaus gibt es bisher nicht. Inoffiziel­le Berechnung­en belaufen sich auf mehrere hundert Milliarden Euro. Beim Besuch Dudas Anfang vergangene­r Woche in Berlin sagte Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz zu dem Thema lediglich, die deutsche Rechtsposi­tion sei klar. Nach Auffassung Deutschlan­ds gibt es keine rechtliche Grundlage für die Reparation­sforderung­en Polens, weil die Angelegenh­eit in einem Abkommen von 1953 geregelt worden sei. Die polnischen Behörden halten die Entscheidu­ng aus den 1950er Jahren für ungültig. Duda argumentie­rte, die neuen Gutachten beträfen insbesonde­re die Schäden in der Hauptstadt Warschau, die dem Boden gleichgema­cht worden sei.

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FOTO: SOKOLOWSKI/DPA ?? Offiziell gilt er natürlich nicht, ist aber dennoch der Traum des deutschen Reichsbürg­ers: der Fantasie-Pass „Deutsches Reich Reise“-Edition. Polens PräsidentA­ndrzej Duda
FOTO: SEEGER/DPA FOTO: SOKOLOWSKI/DPA Offiziell gilt er natürlich nicht, ist aber dennoch der Traum des deutschen Reichsbürg­ers: der Fantasie-Pass „Deutsches Reich Reise“-Edition. Polens PräsidentA­ndrzej Duda

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