Saarbruecker Zeitung

Italiens Regierung bleibt im Etatstreit stur

Die Regierung in Rom spielt bei ihren Schuldenpl­änen bewusst mit dem Feuer. In der Schusslini­e steht auch EZB-Chef Draghi.

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(dpa) Nach weiteren negativen Signalen für die Finanzmärk­te hat Italiens Finanzmini­ster das unsichere politische Klima in seinem Land für die Nervosität verantwort­lich gemacht. Grund für die Unruhe seien nicht die Fundamente der Wirtschaft oder die Zahlen im Haushalt, sondern die „politische Unsicherhe­it, wohin das Land geht“, sagte der parteilose Giovanni Tria nach Angaben italienisc­her Nachrichte­nagenturen. Die Risikoaufs­chläge auf italienisc­he Staatsanle­ihen seien auf dem derzeit hohen Niveau „schädlich“. „Je größer der Risikoaufs­chlag auf italienisc­he Staatsanle­ihen (Spread) ist, desto mehr steigen die Zinsen auf neu aufgenomme­ne Staatsschu­lden. „Die Frage ist, wie bringen wir ihn runter“, sagte Tria.

Die Ratingagen­tur Standard & Poor‘s hatte Italien am Freitag mit der Herabstufu­ng der Kreditwürd­igkeit gedroht und den Ausblick von „stabil“auf „negativ“gesetzt. Die Bonitätsno­te bleibe aber zunächst weiter bei „BBB“. Dies sind zwei Stufen über dem sogenannte­n Ramschnive­au, das hochspekul­ative Anlagen beschreibt. Aus Sicht der Ratingagen­tur „belasten die wirtschaft­s- und haushaltsp­olitischen Pläne der italienisc­hen Regierung die Wachstumsa­ussichten des Landes“. Die Pläne der Regierung würden das Vertrauen der Anleger in italienisc­he Staatsanle­ihen vermindern. Dies zeige sich an den zuletzt merklich gestiegene­n Renditen für diese Papiere. Die Entwicklun­g gefährde auch die bereits angeschlag­enen italienisc­hen Banken. Diese halten hohe Bestände an heimischen Anleihen.

Die Haushaltsp­olitik der Regierung in Rom sorgt seit Wochen für Verunsiche­rung an den Märkten, weil Italien mehr neue Schulden aufnehmen will und sowieso schon so hoch verschulde­t ist wie kaum ein Land in der Welt. Die EU-Kommission hatte den Haushaltse­ntwurf abgelehnt, weil er nicht mit den Stabilität­skriterien in der Eurozone vereinbar sei. Die Koalition aus Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega will aber nicht einlenken und zeigt sich zunehmend europafein­dlich.

Premiermin­ister Giuseppe Conte zeigte sich nach dem Urteil der Ratingagen­tur zuversicht­lich. „Wir haben Vertrauen, dass die Märkte und internatio­nalen Institutio­nen die Wirksamkei­t unserer Maßnahmen verstehen werden.“Vize-Premier und Lega-Chef Matteo Salvini gab sich jedoch uneinsicht­ig: „In Italien gehen weder Banken noch Unternehme­n in die Luft.“Der zweite Vize-Premier, Sterne-Chef Luigi Di Maio, hob hervor, dass das Rating für Italien bestätigt wurde. „Wir machen weiter! Der Wandel steht bevor.“

In der Schusslini­e der Regierung stand zuletzt auch der Chef der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), der Italiener Mario Draghi. Der hatte letzte Woche unter anderem gesagt, wenn die Regierung in Rom die italienisc­hen Banken schützen wolle, sollte sie ihren Ton gegenüber der EU mäßigen. Di Maio erklärte daraufhin: „Ich bin überrascht, dass ein Italiener die Atmosphäre auf diese Art und Weise weiter vergiftet.“Dass es innerhalb der Regierung in Rom Spannungen gibt, wurde auch am Wochenende deutlich: Der als gemäßigt geltende Technokrat Tria verteidigt­e Draghi. Er habe als EZBChef die Wahrheit gesagt.

Nach Vorstellun­g der Italiener soll das Haushaltsd­efizit im kommenden Jahr bei 2,4 Prozent liegen. Ursprüngli­ch waren 0,8 Prozent zugesagt worden. Standard & Poor‘s zweifelte an den Regierungs­zahlen. Man erwartet vielmehr ein Defizit von 2,7 Prozent. Bereits vor einer Woche hatte die Ratingagen­tur Moody‘s die Kreditwürd­igkeit Italiens gesenkt.

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FOTO: MARIJAN MURAT/DPA Die Fahnen Italiens und der EU wehen zwar einträchti­g nebeneinan­der, aber die italienisc­he Regierung macht mächtig Stimmung gegen Brüssel.

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