Die Auto-Lobby trifft auf einen erstarkten Gegner
In Brüssel werden in der nächsten Zeit verbindliche CO2-Grenzwerte für Kraftwagen festgelegt. Umweltverbände mischen dabei kräftig mit.
Jedes Mal, wenn die Gesetzgebungsmaschine in Brüssel anspringt, um verbindliche Verbrauchsobergrenzen für Autos festzulegen, wird die Lobbyschlacht darum auffallend öffentlich und hoch emotional geführt. So ist es auch in diesen Wochen wieder, da um die verbindlichen Einsparziele für Autos, Lieferwagen und Laster gerungen wird. Demnächst fallen zwischen Ministerrat, EU-Parlament und Kommission die Entscheidungen.
Drum herum tummeln sich die Lobbyisten. Zwei Lager stehen sich gegenüber. Da ist zum einen die klassische Auto-Lobby, in Brüssel vertreten durch die europäischen Dachverbände der Hersteller (ACEA) und der Zulieferer (Clepa). Auch die nationalen Branchenverbände wie etwa der VDA sowie die Hersteller sind mit eigenen Büros vor Ort. Auf der anderen Seite steht die Anti-Verbrenner-Lobby: T+E, der Dachverband vieler nationaler Umweltverbände, gibt den Ton an, allein in Brüssel sind rund 40 Lobbyisten für T+E unterwegs. Beuc, der Dachverband von Verbraucherschützern ist auch sehr aktiv. Bei T+E und bei Beuc sind jeweils auch deutschen Umweltverbände wie DUH, Nabu sowie Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) Mitglied.
Die Umweltlobby hat im Vergleich zur letzten CO2-Runde, die 2013 ausgetragen wurde, massiv aufgeholt. Sie hat sich personell verstärkt. Sie macht inzwischen Kampagnen, um die sie die Branchenlobby beneidet. T+E etwa lanciert immer wieder Ministudien. So erst letzte Woche wieder mit einer Übersicht zu Fahrverboten in über 200 EU-Städten. Hinter dem VDA, Mercedes und BMW steckt die geballte Finanzkraft einer Branche, die in Deutschland allein knapp 900 000 direkte Mitarbeiter hat. Doch auch die Anti-Verbrenner-Lobby ist nicht nur auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen. T+E etwa zählt auf die Unterstützung von finanzkräftigen Stiftungen. Und: T+E bekam 2017 über 500 000 Euro von der EU-Kommission, auch das deutsche Umweltbundesamt (UBA) steuert jedes Jahr einen Betrag zwischen 25 000 und 100 000 Euro bei. Es wirkt seltsam: Da bezahlt die EU-Kommission dafür, dass sie selbst lobbyiert wird.
Der Autobranche weht in Brüssel eisiger Wind entgegen. Das beginnt damit, dass Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska bei jeder Gelegenheit erklärt, dass sie den Verbrennungsmotor für ein Auslaufmodell hält. Und anders als 2013 ist der Umweltminister-Rat aus Sicht der Industrie auch auf Krawall gebürstet. Eine Mehrheit der Länder will den Vorschlag der Kommission verschärfen.Noch härter ist für die Hersteller das Lobby-Geschäft im Parlament mit seinen 751 Abgeordneten. Die Sozialdemokraten – mit 188 Sitzen stellen sie die zweitgrößte Fraktion – standen wie eine eins hinter der maltesischen Abgeordneten Miriam Dalli. Sie trat mit der Position an, zwischen 2021 und 2030 den Spritverbrauch je Auto halbieren zu wollen. Die Christdemokraten stellen mit 218 Abgeordneten die größte Fraktion. Obwohl CDU-Umweltexperte Jens Gieseke tapfer gekämpft hat, haben etliche Christdemokraten seinem gemäßigten Vorschlag die Stimme verweigert.
Die Autolobbyisten wissen, dass sie es schwer haben. Der Diesel-Skandal und die Fahrverbote haben viel kaputt gemacht, auch die Kartellvorwürfe spielen eine Rolle. Die Autobranche erlebe einen fundamentalen Stimmungsumschwung. Es sei das Fukushima des Verbrennungsmotors sagt ein Industrievertreter. Bislang saß einer der wichtigsten Verbündeten der deutschen Autobauer im Kanzleramt. 2013 etwa sorgte Angela Merkel für eine Vollbremsung im Rat, konnte dann leichte Verbesserungen für die deutschen Edel-Hersteller herausholen. In der Branche hört man aber, Merkel werde sich in ihrer Amtszeit nicht noch einmal so für die Industrie einsetzen.
Der Dieselskandal ist das Fukushima des Verbrennungsmotors