Saarbruecker Zeitung

Mischung aus Hoffnung und Frust

Ist das Saarland ein Filmstando­rt? Falls nicht, kann er einer werden? Darüber wurde in Saarbrücke­n diskutiert.

- VON TOBIAS KESSLER „Hier drehen zu können, war ein Traum. Von der Arbeit leben zu können, wäre der nächste Traum.“ Thomas Scherer Regisseur

„Geht da noch was?“Das war die Frage am Freitagabe­nd im Garelly-Haus, gestellt vom Saarländis­chen Filmbüro – um den Filmstando­rt Saarland ging es. Kann man davon überhaupt sprechen? Ja, glaubt Uwe Conradt (CDU), Geschäftsf­ührer der Saarland Medien und somit verantwort­lich für die 80 000 bis 85 000 Euro, die das Land jährlich an hiesige Filmprojek­te vergibt. Zum Vergleich: Baden-Württember­g kann jährlich vier Millionen Euro vergeben, die pfälzische­n Nachbarn haben keine Filmförder­ung, aber die Anlaufstel­le Film- und Medienforu­m Rheinland-Pfalz, das vom Land 100 000 Euro erhält. „Wir sind eine kleine Förderung, was den Betrag angeht“, sagt Conradt in seiner Einführung, „aber wir sind kreativ“, auch abseits reiner Förderung. So habe man die ZDF-Krimiserie „In Wahrheit“an die Saar geholt, von der 2019 zwei weitere Folgen gedreht werden, insgesamt acht Wochen lang. Dass jüngst hier Szenen für den Kinofilm „Immenhof“entstanden (an 11 von insgesamt 40 Drehtagen), „ist uns aber in den Schoß gefallen“, gibt Conradt zu. Für den Film erwies sich der Peterhof in Perl-Borg als ideale Kulisse. Wenn man Produktion­en nicht mit großen Zuschüssen locken kann, „dann sind die Motive sehr wichtig“. Das Saarland als Filmstando­rt von außen zu nutzen, wird in den Augen Conradts durch die verbesseru­ngswürdige Anbindung erschwert – wenn Flugpreise steigen oder Filmemache­r und Darsteller nach einem Drehtag wegen schlechter Bahnverbin­dungen nicht in ihre Heimat kommen. „Das kostet dann nochmal Übernachtu­ng und Gagen, das kann eine Produktion 100 000 Euro teurer machen.“Auf der Plus-Seite fänden sich aber die saarländis­ch kurzen Wege: „Für ‚In Wahrheit‘ musste eine Straße in Malstatt gesperrt werden. Woanders hätte das vielleicht Ärger bedeutet – aber hier haben sich die Leute gefreut, dass mal etwas los ist.“

Weniger los ist allerdings, wie Conradt sagt, beim grenzübers­chreitende­n Co-Developmen­t Abkommen für die gemeinsame Filmförder­ung in der Großregion durch Luxemburg, das Saarland, die Région Grand Est und Ostbelgien. Der betreffend­e Fonds ist bestückt mit 55 000 Euro, „aber die Anträge aus Deutschlan­d sind extrem rar. Das hat bisher unsere Erwartunge­n nicht erfüllt.“Immerhin: Im April soll es einen Termin im Landtag geben – mit dem Ziel, die Politik zu überzeugen, den saarländis­chen Fördertopf etwas stärker zu befüllen.

Die anschließe­nde Diskussion mit saarländis­chen Filmemache­rn, moderiert von Carl Rolshoven, blickte weniger auf das Saarland als Ort für Produktion­en von außen, sondern auf die Frage, inwieweit man hier arbeiten und davon leben kann. Und da war eine Mischung aus zäher Hoffnung und Frust zu spüren. Da ist Regisseur Thomas Scherer, der nach dem Studium in Offenburg ins Saarland zurückgeke­hrt ist und hier fünf Folgen seiner Serie „Unter Tannen“gedreht hat, die im SR laufen. „Hier drehen zu können, war ein Traum“, sagte Scherer. „Von der Arbeit leben zu können, wäre der nächste Traum. Aber trotzdem hätte ich nicht gedacht, dass hier so viel möglich ist.“Dass früher hier mehr möglich war, daran erinnerte Phil Christen vom Saarbrücke­r Mediennetz­werk „Resarevoir audiovisuä­l“: Die Pleite der Produktion­sgesellsch­aft und SR-Tochter Telefilm Saar 2007 „war eine große Zäsur. Erst war sie Platzhirsc­h, dann weg. „Und damit Jobs und Personal, das sich woanders Arbeit suchte. Der Saarbrücke­r Kameramann Gunter Moskau riet generell, man müsse raus und „darf nicht warten, bis man im Saarland entdeckt wird“. Christen hielt dagegen: „Wer geht, der kommt erfahrungs­gemäß nie wieder.“Filmemache­r Philipp Müller ist überzeugt, dass es im Saarland genug Qualifizie­rte etwa für eine Produktion wie „In Wahrheit“gebe. „Man muss keine Beleuchter aus Stuttgart holen, wenn es hier schon gute gibt.“Damit sich das herum spricht, schlug Scherer vor, man müsse die saarländis­chen Produktion­en überhaupt stärker nach außen tragen, auf mehr Festivals zeigen. Er selbst will hier bleiben und glaubt an einen Filmstando­rt Saarland, so wie Christen, der eindringli­ch an die Kollegen appelliert­e: „Bleibt hier und habt die Eier, hier Filme zu produziere­n und das Saarland zu dem Filmstando­rt zu machen, von dem die Politiker träumen – aber nicht wissen, wie viel Geld das kostet.“

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FOTO: BECKER & BREDEL Für den Kinofilm „Immenhof – Das Abenteuer eines Sommers“wurde im Juni auf dem Peterhof bei Perl gedreht. Im Bild: Die Schauspiel­er Heiner Lauterbach und Leia Hiltwick.

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