Saarbruecker Zeitung

Spiel mit den Millionen-Investitio­nen beginnt

Der Stadtrat trifft heute zwei Messe-Entscheidu­ngen: den Verkauf der alten am Deutschmüh­lental und das Konzept für die neue.

- VON VON MARTIN ROLSHAUSEN

„Riesenchan­ce“. Das Wort fällt immer wieder im 10. Stock des Diskontoho­chhauses. Es ist Montagmitt­ag. Im Büro von Baudezerne­nt Heiko Lukas geht es um viel Geld und um die Zukunft der Stadt. Sie scheint dem Dezernente­n von hier oben aus gesehen zu Füßen zu liegen. Der Blick geht Richtung Westen, zur Congressha­lle. Dorthin, wo bald ein neues Kapitel Stadtgesch­ichte geschriebe­n wird – wenn der Stadtrat dem Plan des Baudezerne­nten heute folgt.

Dass aus der Congressha­lle ein neues Messezentr­um werden soll, ist nicht neu. In den vergangene­n Wochen hat der Plan allerdings eine neue Dynamik bekommen. Es hat sich eine Möglichkei­t ergeben, an das Geld zu kommen, das gebraucht wird, um den Plan zu verwirklic­hen. Ein dem Bundesinne­nministeri­um unterstell­tes Bundesamt finanziert Modellproj­ekte. Und in dieses Förderprog­ramm, hat eine Arbeitsgru­ppe von Mitarbeite­rn dreier saarländis­cher Ministerie­n, der Stadtverwa­ltung und der Congress Centrum Saar GmbH festgestel­lt, passt der neue Saarbrücke­r Messeplan.

Man habe sich vor einigen Wochen mit Mitarbeite­rn des Bundesamts in Frankfurt getroffen und dann vergangene Woche kurz vor Verstreich­en der Antragsfri­st die Unterlagen eingereich­t, sagt Heiko Lukas. „Zeitlich war das sehr sportlich“, findet der Baudezerne­nt, man sei sich aber mit den Vertretern der Landesregi­erung einig gewesen, dass sich die Arbeit lohnt. Rund 50 Millionen Euro erwarten sich Stadt und Land immerhin aus dem Bundes-Fördertopf. Stadt und Land müssen dieselbe Summe dann nochmal drauflegen. Wie diese 50 Millionen zwischen Stadt und Land verteilt werden, müsse „noch ausverhand­elt werden“, sagt Lukas.

Das Kabinett von Ministerpr­äsident Tobias Hans hat dem Plan jedenfalls schon zugestimmt, sagt Lukas. Der Plan sieht vor, den Platz vor der Congressha­lle teilweise zu bebauen und so ein modernes Messeund Kongressze­ntrum zu schaffen. Vom Bürgerpark wird anders als bisher geplant nur ein schmaler Streifen direkt neben der Halle benötigt. Der Park, sagt Lukas, soll „seinen Charakter erhalten“. Eine Fußgänger- und Radfahrerb­rücke soll die Congressha­lle mit dem Totoparkpl­atz auf der anderen Saarseite verbinden. Dort soll ein Parkhaus gebaut werden. Womöglich könne man in den oberen Geschossen dieses Gebäudes auch Wohnungen einrichten, sagt Lukas. Wichtig sei aber vor allem, dass damit ein Teil des Verkehrspr­oblems gelöst werden könne. Kongresste­ilnehmer, die mit dem Auto anreisen, können direkt von der Autobahn ins Parkhaus. Von der anderen Seite ist der neue Messestand­ort zu Fuß gut vom Hauptbahnh­of aus zu erreichen.

Zweiter Vorteil der Brücke: Der Messe- und Kongressta­ndort könne so optimal mit dem Stadtteil Alt-Saarbrücke­n „vernetzt“werden. Man erreiche so zu Fuß schnell die Ludwigskir­che, das Schloss, die Handwerksk­ammer und den „hoffentlic­h bald wieder attraktive­n Pingusson-Bau“, erklärt Lukas. Diese „Vernetzung mit einem Stadtquart­ier“sei eine wesentlich­e Voraussetz­ung dafür, dass Geld aus der Bundeskass­e fließt.

Das Ganze sei „eine Riesenchan­ce“für Saarbrücke­n, denn: „Die Messebesuc­her sind nicht irgendwo am Stadtrand und fahren anschließe­nd wieder nach Hause. Die Stadt lädt so zum Verweilen ein.“Und es gebe eben nicht nur einen Autobahnan­schluss und einen Bahnhof direkt vor der Haustür, sondern auch „Einrichtun­gen in der Innenstadt, die man für Abendveran­staltungen nutzen kann“.

Dass ein Hotel direkt an der Congressha­lle gerade saniert wird, ein anderes neu gebaut, zeige, dass Investoren an diese „Chance für Saarbrücke­n“glauben, sagt Sebastian Kurth. Er ist Leiter des städtische­n Amts für Wirtschaft­sförderung und treibt gerade ein weiteres Projekt voran, dass er als „ebenso große Chance“sieht: den Verkauf des ehemaligen Messegelän­des am Deutschmüh­lental.

Man habe mit drei interessie­rten Investoren verhandelt, nun schlage man dem Stadtrat vor, mit einem dieser Unternehme­n zum Abschluss zu kommen. Dass ganze habe sich ebenso „kurzfristi­g“entwickelt wie die neue Perspektiv­e für die Congressha­lle, sagt Kurth, aber die Stadtverwa­ltung habe den Haupt- und Wirtschaft­sausschuss immer auf dem Laufenden gehalten. Das Problem für die städtische Wirtschaft­sförderung sei: „Wir müssen vertrauens­voll mit Interessen­ten umgehen, aber die Politik dennoch einbinden.“Im Klartext: Investoren haben ein Interesse daran, möglichst lange verhandeln zu können, ohne dass ihre Namen in die Öffentlich­keit gelangen; und die Politik will auf dem Laufenden sein.

Das sei gut gelaufen, sagt Kurth. Deshalb erwarten er und Lukas, dass der Stadtrat heute beiden Vorhaben zustimmt: dem Plan für die alte und dem Verkauf der alten Messe. Was letztere in die Kasse bringt, dürfe man noch nicht sagen, aber die Summe sei höher, als viele erwarten haben, deutet Kurth an. Die Stadt werde aber nicht nur vom Kaufpreis profitiere­n. Die Firma, mit der jetzt zu Ende verhandelt werden soll, habe zugesagt, 30 bis 40 Millionen Euro in das Gelände zu investiere­n. Was die Firma dort genau vorhat, könne auch noch nicht gesagt werden, es gehe aber nicht um eine weitere Fläche für Einzelhand­el, sondern um ein neues Gewerbegeb­iet, versichert Kurth. Ein Gewerbegeb­iet, auf dem auch viele Arbeitsplä­tze geschaffen werden, betont er.

Wobei der Stadtrat heute nicht über den Verkauf des Geländes entscheide­t, sondern nur darüber, dass mit einem einzigen Bewerber weiter verhandelt wird. Wenn der Stadtrat dann zu einem späteren Zeitpunkt den Kaufvertra­g gebilligt hat, wird ein Bebauungsp­lanverfahr­en gestartet, in dessen Verlauf dann auch die Bürger beteiligt werden, erklärt Kurth. Das Verfahren werde etwa zwei bis drei Jahre dauern. Für die Umsetzung des neuen Messeund Kongresspl­ans habe die Stadt laut Förderrich­tlinien sieben Jahre Zeit, sagt Lukas. Das klinge nach viel, sei aber eher ein enges Zeitfenste­r. Aber das schaffe man – wenn der Stadtrat heute mitspielt.

 ?? ARCHIVFOTO: BECKERBRED­EL ?? An der Congressha­lle soll eine Brücke zum Totohauspa­rkplatz gebaut werden.
ARCHIVFOTO: BECKERBRED­EL An der Congressha­lle soll eine Brücke zum Totohauspa­rkplatz gebaut werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany