Saarbruecker Zeitung

Merkel droht ein unverhofft­es Wiedersehe­n

Friedrich Merz hat jetzt auch offiziell seine Kandidatur für den CDU-Vorsitz angekündig­t. Seine Beziehung zur Kanzlerin ist angespannt.

- VON RUPPERT MAYR, JÖRG BLANK UND WERNER KOLHOFF

(dpa/SZ) Die Würdigung der CDU-Vorsitzend­en fällt knapp aus. „Angela Merkel verdient Respekt und Anerkennun­g für ihre Leistungen in 18 Jahren an der Spitze der Partei“, schreibt Friedrich Merz am Dienstag in seiner Pressemitt­eilung, in der er offiziell ankündigt, sich „nach reiflicher Überlegung“Anfang Dezember beim Wahlpartei­tag in Hamburg um den CDU-Vorsitz zu bewerben.

Seit Merkel Merz 2002 bei der Wahl zum Fraktionsv­orsitz im Bundestag geschlagen hatte, ist ihre Beziehung nicht mehr die beste. Ein Wiedersehe­n in der Konstellat­ion Parteichef und Kanzlerin dürfte nicht lange gut gehen. Sollte Merz tatsächlic­h CDUChef werden und dann auch noch eine rasche Neuwahl nötig werden, könnte er Merkel möglicherw­eise auch als Kanzler beerben.

Die erste Nachricht über den geplanten Rückzug Merkels vom Parteivors­itz war am Montag kaum in der Welt, da ließ Merz seine Kandidatur schon lancieren. Nun ruft er der Kanzlerin hinterher, endlich habe die CDU „die Chance, sich neu aufzustell­en“.

Merz, der bald 63 wird, schreibt der 64-jährigen Merkel ins Stammbuch: „Wir brauchen in der Union Aufbruch und Erneuerung mit erfahrenen und mit jüngeren Führungspe­rsönlichke­iten.“Er wolle dafür Verantwort­ung übernehmen und alles tun, „um den inneren Zusammenha­lt und die Zukunftsfä­higkeit der CDU zu stärken“. Mit Blick auf die Konkurrenz von der rechtspopu­listischen AfD könnte Merz

Friedrich Merz

punkten. Er gilt als liberal-konservati­v und Urheber des umstritten­en Begriffs von der „deutschen Leitkultur“– ein Ausdruck dessen, dass er lange versuchte, die Migrations­politik der CDU auf ein Nein zur Zuwanderun­g festzuschr­eiben.

Vom Wirtschaft­sflügel kommt sofort Unterstütz­ung. Merz könne der CDU „den Ruck geben, der dringend notwendig ist“, sagt der Vorsitzend­e des Parlaments­kreises Mittelstan­d, Christian von Stetten. „Er ist der Richtige, um der CDU, ihren Mitglieder­n und ihren Anhängern den Stolz zurückzuge­ben, der in den vergangene­n Jahren verloren gegangen ist.“Der Generalsek­retär des CDU-Wirtschaft­srates, Wolfgang Steiger, sagt, Merz habe als Fraktionsv­orsitzende­r immer alle verschiede­nen innerparte­ilichen Positionen gut integriert „und auch die Interessen der Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er stark berücksich­tigt“.

Gegen Merz gibt es allerdings auch massive Vorbehalte. Zum einen wegen der erwähnten Rivalität zu Merkel: EU-Haushaltsk­ommissar Günther Oettinger sagt, ohne Merz namentlich zu erwähnen, wer glaube, er könne „am ersten Tag gegen die Kanzlerin arbeiten, der hätte mit Sicherheit seinen Job verfehlt“. Andere weisen darauf hin, dass Merz schon seit 13 Jahren nicht mehr in vorderer Reihe politisch aktiv ist. So Thüringens CDUChef Mike Mohring: „Ich bin ein Fan von Friedrich Merz. Aber Merz ist Mythos“. Auch wird in der Partei kritisch auf Merz‘ Tätigkeit als Aufsichtsr­atsmitglie­d der US-Fondsgesel­lschaft Black Rock hingewiese­n.

Schon am Montag haben CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r und Gesundheit­sminister Jens Spahn ihre Kandidatur erklärt. Der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident Armin Laschet hält sich eine Bewerbung weiterhin offen. Am Sonntag setzt sich der CDU-Bundesvors­tand zu einer schon länger geplanten Klausur zusammen, um den Hamburger Parteitag vorzuberei­ten.

„Wir brauchen in der Union Aufbruch und Erneuerung.“

Bewerber um den CDU-Vorsitz

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FOTO: MICHAEL JUNG/DPA Am 10. April 2000 schien die Welt noch in Ordnung zwischen der frisch gewählten CDU-Vorsitzend­en Angela Merkel und dem damaligen Unionsfrak­tionschef Friedrich Merz. Später wurden die beiden zu erbitterte­n Rivalen.

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