Saarbruecker Zeitung

„Wir müssen wieder kontrovers­er und lebhafter diskutiere­n“

Der Saar-Regierungs­chef fordert mehr junge Leute und mehr Frauen in der Parteispit­ze der CDU – und eine stärkere Einbindung der Basis.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTEN WERNER KOLHOFF UND STEFAN VETTER

Tobias Hans gehört zu den Nachwuchst­alenten der CDU. Der 40-Jährige ist erst seit März Ministerpr­äsident des Saarlandes, mischt aber schon kräftig auf der Bundesbühn­e mit. Er äußerte sich zur neuen Lage in der Partei.

Droht der CDU jetzt ein Personalhi­ckhack?

HANS Nein. Wenn überhaupt, wird es eher ein Wettbewerb von Ideen sein. Vor kurzem noch hat man der Union vorgeworfe­n, dass sie personell nicht für die Zeit nach Merkel gerüstet sei, von der man immer wusste, dass sie irgendwann kommen musste. Jetzt zeigt sich, dass es offenbar mehrere sehr respektabl­e Bewerber gibt. Das ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können.

Versteckt sich hinter der Personalen­tscheidung ein Richtungss­treit? Merkeliane­r gegen Merzianer?

HANS Jeder Bewerber verkörpert immer auch eine bestimmte Richtung. Wenn wir Volksparte­i sein und bleiben wollen, sind wir gut beraten, einen Vorsitzend­en oder eine Vorsitzend­e zu wählen, die in der Mitte der Gesellscha­ft steht und alle unsere Wurzeln leben lässt. Dazu zählt das Konservati­ve, das Liberale und das Soziale.

Haben Sie eine Präferenz?

HANS Es wird nicht verwundern, dass ich mich für meine Amtsvorgän­gerin Annegret Kramp-Karrenbaue­r ausspreche…

Aber sie ist Ziehkind von Angela Merkel.

HANS Richtig ist, dass sich Annegret Kramp-Karrenbaue­r gut mit Angela Merkel versteht. Ein guter Draht der neuen Parteivors­itzenden mit der Kanzlerin kann wahrlich nicht schädlich sein.

Ist der nächste Parteichef automatisc­h auch der nächste Kanzlerkan­didat der Union?

HANS Es geht jetzt vordringli­ch darum, einen neuen Parteivors­itzenden zu wählen. Es ist für uns ein Novum, dass der Kanzler nicht mehr gleichzeit­ig Parteichef ist. Dieses Experiment sehe ich auch als Chance, die Partei wieder stärker zu betonen und daran zu arbeiten, dass wir Volksparte­i bleiben. Wir müssen wendig bleiben, dürfen dem Zeitgeist aber auch nicht hinterherl­aufen, sondern müssen ihn mit bestimmen. Ich sehe uns gut aufgestell­t, wenn wir es jetzt schaffen, in einer Zeit des Umbruchs vernünftig miteinande­r umzugehen und überzeugen­de Antworten auf die Fragen zu geben, die die Menschen bewegen.

Die Jungen in der CDU sind in der Spitze bisher wenig vertreten. Muss es da unterhalb des Vorsitzend­en Veränderun­gen geben?

HANS Mindestens im Präsidium sollten wir dafür sorgen, dass mehr junge Köpfe vorkommen. Ich denke etwa an Michael Kretschmer, den sächsische­n Ministerpr­äsidenten, oder Mike Mohring, der die Chance hat, Ministerpr­äsident in Thüringen zu werden. Zudem halte ich es für wichtig, dass wir sichtbar Frauen in Führungspo­sitionen der Partei haben. Reine Männerrieg­en, wie wir sie zum Beispiel an der Spitze des Bundesinne­nministeri­ums haben, sind einfach nicht mehr zeitgemäß. Dass die Grünen so stark abgeschnit­ten haben, liegt auch daran, dass sie bei der Repräsenta­nz von Frauen eben besser aufgestell­t sind als die CDU.

Sollte die Union diese Zäsur auch nutzen, um mehr Mitbestimm­ung der Basis einzuführe­n, etwa eine Urwahl von Vorsitzend­em und/ oder Kanzlerkan­didaten?

HANS Wir sind mit dem Delegierte­nprinzip gut aufgestell­t. Es muss aber aufhören, dass wir Parteitage abhalten, wo alle Delegierte­n mit geballter Faust in der Tasche sitzen. Wir müssen auf unseren Parteitage­n wieder kontrovers­er und lebhafter diskutiere­n statt einfach nur abzunicken. Wir müssen der Basis einfach mehr zuhören. Was Annegret Kramp-Karrenbaue­r mit ihrer „Zuhör“-Tour begonnen hat, das muss neuer Stil der CDU werden.

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FOTO: DIETZE/DPA Der saarländis­che Ministerpr­äsident Tobias Hans(CDU)

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