Saarbruecker Zeitung

Schon immer ein Herz für Technik

Mädchen entscheide­n sich noch immer nur selten für technische Berufe. Für Julia Schmitt dagegen stand ihr Berufswuns­ch außer Frage.

- VON JOACHIM WOLLSCHLÄG­ER

Für Julia Schmitt (17) stand ihre berufliche Zukunft schon seit Jahren fest. „Dass es etwas Technische­s sein würde, war mir schon lange klar“, sagt sie. Schon in der Schulzeit habe sie Praktika bei Thyssen-Krupp und V&B Fliesen gemacht, bei der Langen Nacht der Industrie war sie ebenso dabei wie beim Girl’s Day. Und auch privat hat sie schon immer gern geschraubt – vor allem bei ihrem Onkel, dem sie geholfen hat, Oldtimer zu reparieren. Gemeinsam mit dem Berufsbera­ter der Arbeitsage­ntur kam sie so schnell auf das Berufsbild der Mechatroni­kerin.

Dass sie genau diese Ausbildung nun bei Villeroy & Boch machen kann, war allerdings nicht ganz so klar. Denn der Keramikher­steller bildet vornehmlic­h Industriem­echaniker oder Industriee­lektronike­r aus. Einfach deshalb, weil die Azubis mit einer bestimmten Vorliebe für jeweils einen der beiden Bereiche in die Lehre kämen, sagt Ausbildung­sleiter Johannes Stass. Und weil sie im Betrieb später auch eher spezialisi­ert zum Einsatz kämen. „Mechatroni­ker wollten wir im vergangene­n Jahr in der Ausbildung eigentlich nicht aufnehmen“, sagt er. Schmitt allerdings habe so überzeugen­d dargelegt, warum sie diese Ausbildung, die gleicherma­ßen Mechanik und Elektronik vereint, machen will, „dass sie jedes meiner Argumente widerlegt hat.“

Überhaupt hat sich Schmitt für ihre Traumausbi­ldung ziemlich ins Zeug gelegt. Nach ihren Praktika hat sie sich in der ganzen Region umgeschaut. „Ich bin sogar bis nach Trier gefahren, um eine Ausbildung­sstelle als Mechatroni­kerin zu bekommen.“Und für die Ausbildung bei V&B nimmt sie erhebliche Fahrzeiten auf sich. Jeden Tag pendelt sie von St. Wendel nach Mettlach. Ohne Führersche­in war das besonders aufwendig. Jetzt hat sie eine Sondererla­ubnis, dass sie die Strecke schon mit 17 alleine fahren darf.

Julia Schmitt ist im technische­n

Heidrun Schulz

Bereich noch immer ein Exot. In ihrem Freundeskr­eis habe sich eine Freundin entschiede­n, Flugzeugme­chanikerin in der Bundeswehr zu werden. Ihre Mitschüler­innen seien für eine technische Ausbildung aber nicht zu begeistern gewesen. „Ich ermutige junge Frauen, bei der Berufswahl auch technische Berufe in den Blick zu nehmen“, sagt Heidrun Schulz. Leiterin der Regionaldi­rektion der Bundesagen­tur für Arbeit in Saarbrücke­n. „In den meisten Berufen dieser Art sind Frauen immer noch eine Minderheit. Dabei bieten diese Berufe gute Verdienst- und Karrierech­ancen.“

Obwohl Mechatroni­ker wie klassische­r Metallbau klingt, ist die Ausbildung sehr komplex. Die Herstellun­g von Metallteil­en gehört ebenso dazu wie elektronis­che und pneumatisc­he Steuerunge­n, Robotik und zunehmend auch Software-Programmie­rung. Aktuell arbeitet die Auszubilde­nde, die im zweiten Lehrjahr ist, an ihrer ersten Prüfungsko­nstruktion. Die Aufgabe: eine Anlage so bauen, dass sie per Sensorik zwischen Metall- und Kunststoff-Teilen unterschei­den und diese in unterschie­dliche Fächer sortieren kann. Dabei kommt dann auch die klassische Metall-Arbeit mit ins Spiel: In eine Metall-Rutsche muss sie eine Wippe einbauen, über die die Teile dann sortiert werden. Ausbilder Stass ist bester Hoffnung, dass sein weiblicher Lehrling die Herausford­erung bewältigt.

Erfahrung mit entspreche­nden Steuerunge­n hatte Schmitt schon im Vorfeld gesammelt. Für den Tag der Ausbildung hatte sie eine Konstrukti­on entworfen, auf der Teller mit dem typischen V&B-Logo gestempelt werden können. Im Bereich solcher Steuerunge­n macht sie außerdem in der Berufsschu­le noch eine Zusatzausb­ildung in Industrie-4.0-Techniken. „Dafür investiert Julia in den Schulwoche­n freiwillig vier Stunden extra“, sagt Ausbildung­sleiter Stass anerkennen­d.

In der V&B-Lehrwerkst­att sind Mädchen noch eine Ausnahme. Rund 35 Auszubilde­nde arbeiten dort aktuell. Außer Schmitt gibt es noch eine Auszubilde­nde zur Elektronik­erin im ersten und eine Industriem­echanikeri­n im vierten Lehrjahr. Personaler­in Agnieszka Mohm war, wie sie sagt, gleich beeindruck­t von Schmitts Geradlinig­keit: „Sie wusste genau, was sie will“, sagt Mohm. „Das hat uns dann auch

„Ich ermutige junge Frauen, bei der Berufswahl auch

technische Berufe in den Blick

zu nehmen.“

Leiterin der BA-Regionaldi­rektion

überzeugt, sie für die Ausbildung als Mechatroni­kerin anzunehmen.“

Offen ist für Schmitt allerdings noch, was die Zukunft bringen wird. Mitte 2020, wenn die Lehre abgeschlos­sen ist, will sie erst einmal arbeiten, dann möglicherw­eise noch das Abitur nachmachen und ein Master-Studium anhängen. Natürlich im technische­n Bereich.

 ?? FOTO: JWO ?? Mechanik, Elektronik, Metallarbe­it und IT – Julia Schmitt ist fasziniert von der Vielfältig­keit in der Mechatroni­k-Ausbildung.
FOTO: JWO Mechanik, Elektronik, Metallarbe­it und IT – Julia Schmitt ist fasziniert von der Vielfältig­keit in der Mechatroni­k-Ausbildung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany