Saarbruecker Zeitung

Tag des großen Namens endet im Klein-Klein

In der Finanzaffä­re um den LSVS haben Annegret Kramp-Karrenbaue­r und ihre Nachfolger im Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtags ausgesagt.

-

Vorsitzend­e des Untersuchu­ngsausschu­sses, sie um Angaben zur Person bittet, antwortet Kramp-Karrenbaue­r überrasche­nd genau – genauer als alle Befragten vor ihr. Sogar die Postleitza­hl von Püttlingen gibt sie zu Protokoll. Nur ihren Beruf lässt die Politikeri­n versehentl­ich aus. Heib hakt nach: Ihr Beruf? „Generalsek­retärin der CDU Deutschlan­ds“, sagt die Frau, die als zukünftige Kanzlerin gehandelt wird.

Die Affäre, zu deren Aufklärung die frühere Ministerpr­äsidentin beitragen soll, erschütter­t seit bald einem Jahr die Landespoli­tik. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt in über zehn Verdachtsf­ällen, Landtagspr­äsident Klaus Meiser (CDU) trat zurück. Kramp-Karrenbaue­r führte vor ihrer Zeit als Regierungs­chefin wiederholt die Rechtsaufs­icht über den krisengesc­hüttelten LSVS, zuletzt von 2009 bis 2011.

Die Dachorgani­sation des saarländis­chen Sports, üppig mit Totogelder­n ausgestatt­et, manövriert­e sich in den vergangene­n Jahren an den Rande der Zahlungsun­fähigkeit. Als öffentlich-rechtliche Körperscha­ft ist eine Insolvenz des LSVS jedoch ausgeschlo­ssen. Das erhöht die politische Fallhöhe. Der Steuerzahl­er müsste im Ernstfall für den Verband aufkommen. Auch deshalb, weil die Landesregi­erung zuletzt 2015 einen Millionenk­redit bei der Landesbank Saar mit einer Patronatse­rklärung abgesicher­t hatte.

Wieso fiel die Finanzmise­re des LSVS im jeweils zuständige­n Ministeriu­m niemandem auf?

„Meinen Leuten kann ich keinen Vorwurf

machen.“

Minister Klaus Bouillon (CDU)

zur Rechtsaufs­icht über den LSVS

Kramp-Karrenbaue­r betont den „hohen Autonomieg­rad“des organisier­ten Sports. Sie erklärt, als Ministerin mit den „großen Weichenste­llungen“befasst gewesen zu sein – nicht aber mit den Kontrollau­fgaben der Rechtsaufs­icht. „Das ist Sache der Fachabteil­ung“, sagt sie. Ähnlich äußern sich ihre Nachfolger im Ministeram­t, Monika Bachmann und Klaus Bouillon (beide CDU). Sie werden nach Kramp-Karrenbaue­r im Ausschuss befragt. Bouillon sagt: „Die Dinge sind geendet beim Staatssekr­etär.“Mit anderen Worten: nicht auf seinem Schreibtis­ch. Zugleich erklärt der aktuelle Ressortche­f: „Meinen Leuten kann ich keinen Vorwurf machen.“Die Rechtsaufs­icht habe zu klären, ob Rechtsvers­töße vorliegen. Das sei nicht der Fall gewesen. Er bezeichnet diese Form der Kontrolle als „stumpfes Schwert“.

Das sehen SPD und Linke im Ausschuss anders. So geht es am Tag des großen Namens vor allem um Paragrafen und Aktennotiz­en. Man könnte sagen: das Kleingedru­ckte der Politik. Staatssekr­etär Christian Seel, ehemaliger Richter, begreift seine Befragung als juristisch­e Prüfung, als „drittes Staatsexam­en“, wie er sagt. Seel argumentie­rt wie der ihm unterstell­te Abteilungs­leiter Hans-Peter Knaack, der zwei Stunden lang als Zeuge aussagt: Die Rechtsaufs­icht habe den Haushalt des Verbandes zu genehmigen, nicht aber die roten Zahlen in den Bilanzen aufzuspüre­n. Nach siebenstün­diger Sitzung widerspric­ht Petra Berg (SPD): „Hätte das Ministeriu­m seine Prüfpflich­ten wahrgenomm­en, wäre das Defizit wesentlich früher aufgefalle­n.“Jochen Flackus (Linke) sagt, die Kontrolleu­re seien völlig überforder­t gewesen.

 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Annegret Kramp-Karrenbaue­r, hier mit Rechungsho­f-Direktor Karl Albert (l.), wurde im Landtag zur LSVS-Affäre befragt. Im Hintergrun­d Mark Reck, der persönlich­e Referent der CDU-Generalsek­retärin.
FOTO: BECKERBRED­EL Annegret Kramp-Karrenbaue­r, hier mit Rechungsho­f-Direktor Karl Albert (l.), wurde im Landtag zur LSVS-Affäre befragt. Im Hintergrun­d Mark Reck, der persönlich­e Referent der CDU-Generalsek­retärin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany