Gießerei streicht in Saarbrücken fast 200 Jobs
Die Gießerei geht komplett nach Lothringen. Brebach fertigt nur noch Spezialrohre.
SAARBRÜCKEN (jwo) Die Gießerei Saint-Gobain PAM in Saarbrücken verlegt ihre komplettes Gussrohr-Geschäft bis Ende kommenden Jahres nach Frankreich. Das wurde gestern bekannt. Am Standort im Stadtteil Brebach sollen dann nur noch Spezial-Rohre gefertigt werden. Von den 285 Arbeitsplätzen bleiben nur rund 100 erhalten. Die Unternehmensleitung will nun mit den Arbeitnehmer-Vertretern sozialverträgliche Lösungen suchen.
Bei dem Rohr-Hersteller Saint-Gobain PAM fallen bis Ende kommenden Jahres in Saarbrücken-Brebach fast zwei Drittel der Stellen weg. Das teilte das Unternehmen gestern mit. Der Rechtsnachfolger der ehemaligen Halberger Hütte wird das Gießerei-Geschäft komplett nach Lothringen verlegen. Von den aktuell rund 285 Mitarbeitern werden nur rund 100 übrig bleiben. In Brebach sollen dann nur noch Rohre mit Spezialbeschichtungen und Flanschrohre produziert werden. „Das Herzstück des Unternehmens, die Eisenerzeugung und die Gießerei, werden langfristig nicht mehr hier sein“, sagt Jürgen Schuler, Betriebsratsvorsitzender bei Saint-Gobain PAM.
Gestern Mittag hat die Unternehmensleitung den Beschäftigten die Pläne in einer Betriebsversammlung verkündet. Letztlich sei es die Chance, mit einer Konzentration auf die Spezialprodukte den Standort überhaupt noch zu erhalten, sagt Burkhard Schmolck, Geschäftsführer von Saint-Gobain PAM Deutschland. Denn angesichts eines seit Jahren rückläufigen Marktes sei der Konzern zum Handeln gezwungen. „Der Absatz an Guss-Rohren in Europa ist seit 2008 massiv um 58 Prozent zurückgegangen“, sagt Schmolck. Ein Rückgang, der unterschiedliche Gründe habe. Einerseits sei der Nachholbedarf an Investitionen in Osteuropa mittlerweile gedeckt, so dass von dort kaum noch Bestellungen kämen, andererseits hätten viele Regionen aufgrund finanzieller Engpässe seit Jahren Investitionen zurückgestellt. „Und es ist nicht zu erwarten, dass sich diese Situation bald ändert“, sagt Schmolck. Hinzu kommt, dass preisaggressive Wettbewerber, vor allem aus Indien, in den Markt drängen, was die Chancen, für höhere Qualität auch höhere Preise zu verlangen, einschränke. Saint-Gobain gießt in Saarbrücken aktuell vor allem Rohre, durch die Trink- und Abwasser geleitet wird.
In Europa habe der Konzern deshalb seine Kräfte bündeln müssen, sagt Schmolck. Künftig sollen die Rohre am Standort in Pont-à-Mousson in der Nähe von Metz gegossen werden. Für die Entscheidung habe nach Ansicht von Betriebsratschef Schuler wohl auch gesprochen, dass dort noch ein Hochofen läuft, der aktuell nicht ausgelastet ist. Durch die Verlegung des Gussgeschäftes steigt dort die Auslastung, während im Werk in Saarbrücken die teurere Eisenerzeugung im Elektroofen wegfällt. Letztlich solle durch die „Zusammenlegung der Produktionskapazitäten der Geschäftsbereich Rohrleitungsguss insgesamt gestärkt und für die Zukunft wettbewerbsfähig gemacht werden“, heißt es in einer Erklärung des Unternehmens.
Die Konzentration des Standorts Saarbrücken auf die Spezialrohre sieht Schmolck auch als Chance. Denn dieser Bereich sei letztlich ein Wachstumsmarkt. Was nichts daran ändere, dass die Zahl der Arbeitsplätze in Saarbrücken massiv zurückgehe.
Gestern sind die Mitarbeiter erstmals über die Verlegung der Produktion und den damit verbundenen Stellenabbau informiert worden. Rund 15 der betroffenen Stellen fallen durch Ausscheiden oder Befristung weg, für die übrigen 170 Stellen, die von der Teilverlagerung betroffen sind, sollen nach Angaben der Unternehmensleitung „individuelle Lösungen“gefunden werden. Der Standort-Geschäftsführer nannte unterschiedlichste Maßnahmen: Vermittlung von Mitarbeitern an andere Standorte des Unternehmens in Deutschland oder auch ins Werk in Pont-à-Mousson, darüber hinaus Gespräche mit saarländischen Firmen über die Übernahme von Fachkräften. Außerdem sei die Einrichtung einer Transfergesellschaft angedacht, um Mitarbeiter für neue Aufgaben zu qualifizieren. Das müsse nun mit der Mitarbeitervertretung besprochen werden. Heute sollen Verhandlungen darüber mit dem Betriebsrat beginnen.
Saint-Gobain ist ein weltweit tätiger Konzern mit insgesamt 179 000 Mitarbeitern in 67 Ländern. Der Jahresumsatz beträgt 40,8 Milliarden Euro. Der Sektor Bauprodukte, zu der auch die Sparte Kanalisation gehört, hatte 2015 einen Umsatzanteil von rund 28 Prozent.
„Das Herzstück des Unternehmens, die Eisenerzeugung und die
Gießerei, werden langfristig nicht mehr
hier sein.“
Jürgen Schuler
Betriebsratsvorsitzender