Saarbruecker Zeitung

Zwei Blitzer hintereina­nder machen Autofahrer wütend

Abzocke oder legitimes Mittel, um Raser davon zu überzeugen, den Fuß vom Gas zu nehmen? Ein ADAC-Experte sagt, was rechtlich möglich ist.

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

Viele schwere Verkehrsun­fälle passieren, weil Autofahrer schneller fahren als erlaubt. Das hat in den vergangene­n Jahren zwangsläuf­ig dazu geführt, dass Städte und Gemeinden verstärkt auf Radarkontr­ollen setzen. Viele lassen dazu von Fachfirmen fest installier­te Anlagen meistens an den Punkten aufstellen, an denen sich Zwischenfä­lle in der Vergangenh­eit häuften. So auch an diversen Stellen in Saarbrücke­n.

Eine davon ist die Camphauser Straße an der Nahtstelle Stadtgrenz­e/A 623. In beiden Richtungen müssen dort seit einigen Jahren in Höhe der Saarlandha­lle Temposünde­r damit rechnen, abgelichte­t zu werden. Doch damit ist es nicht getan: In unregelmäß­igen Abständen gesellen sich zu den permanente­n Radarsäule­n mobile Blitzer. Das bringt einige in Rage, sie sprechen von Abzocke. Ist es das wirklich? Dürfen Polizei und Ordnungsäm­ter das überhaupt?

„Ja“, sagt kurz und knapp Heinz Müller. Der Fachanwalt für Verkehrsre­cht beim ADAC an der Saar sieht demzufolge kein Gesetz, welches das verbietet. Zuletzt hatte sich ein Betroffene­r beklagt, der nach einer kurzen Passage hinter dem Blitzertur­m stadtauswä­rts gleich von einem weiteren Radargerät erfasst worden war. „Es gibt keine Regel, die vorgibt, in welchem Abstand Messgeräte aufgestell­t werden dürfen“, erklärt der Jurist.

Im konkreten Fall befand sich die Laserpisto­le in der 60er-Zone, wenige hundert Meter hinter dem Ortsschild Richtung Autobahn. Das sei nach Angaben des Autoclub-Fachmanns durchaus rechtens. Sogar für kürzere Abstände zwischen den Kontrollpu­nkten sehe er keinerlei Hindernis. Ein Mindestint­ervall sei definitiv nicht vorgegeben. Allerdings stelle sich die Frage, wie sinnvoll solche direkt aufeinande­rfolgenden Kontrollen überhaupt sind. Zwar könnten Blitzer durchaus mehrfach zuschlagen, wenn ein unbelehrba­rer Bleifuß in Radarfalle­n brettert. Damit werde dann dokumentie­rt, wie der Verkehrssü­nder zu schnell und unbeeindru­ckt von drohendem Bußgeld, Punkten in Flensburg und bis zum Verlust des Führersche­ins seine Reise fortsetzt. Aber juristisch habe all dies keine Relevanz.

Denn wegen eines einzigen Vergehens dürfe niemand mehrfach belangt werden. Wer also auf einer Strecke mehrmals auffliegt, wird nur einmal bestraft. Eine Summe aller Einzelprot­okolle auf einer Straße sei unzulässig, unterstrei­cht Müller. Das gelte ebenso, wenn auf dem betreffend­en Weg unterschie­dliche Höchstgesc­hwindigkei­ten gelten.

Für die Camphauser Straße in der Landeshaup­tstadt und die anschließe­nde A 623 bedeute dies: mehrmals geknipst, weil zu schnell – aber nur einmal zur Kasse gebeten. Obwohl verschiede­ne Tempolimit­s gelten, 50, 60, 80 und 100 Stundenkil­ometer.

Und wie weit gilt nach Ansicht des ADAC-Experten diese einheitlic­he Strecke? Bis zum Autobahndr­eieck Friedrichs­thal. Für Müller bilde diese Passage eine zusammenhä­ngende Einheit. Doch letztlich komme es immer auf den konkreten Einzelfall an. So sei es möglich, dass verschiede­ne Juristen die ein und dieselbe Sachlage ganz unterschie­dlich bewerten, mahnt er zur Vorsicht.

Anders sei es hingegen, wer eine Abfahrt nimmt und dann etwa auf der Zufahrt nach Dudweiler geknipst wird. Das sei dann ein neuer Abschnitt. Fällt der Autofahrer hier erneut auf, müsse er damit rechnen, dass dieses Vergehen separat geahndet wird.

Letztlich gelte jedoch für jeden Fahrer: „Grundsätzl­ich hat sich einfach jeder an die vorgeschri­ebene Geschwindi­gkeitsbegr­enzung zu halten.“Also schimpfen, dass einen die Radarfalle erwischt hat, ist nicht, ergänzt der Fachmann vom Autoclub. Auf eine Kontrolle müsse jeder gefasst sein. Unverhofft kommt halt oft.

Weitere Infos im Internet: bit.ly/2zy79j3

„Grundsätzl­ich hat sich einfach jeder an die vorgeschri­ebene Geschwindi­gkeitsbegr­enzung zu

halten.“

Heinz Müller,

Fachanwalt für Verkehrsre­cht beim ADAC Saarland

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ZIMMERMANN ?? Starre Radarsäule­n stehen auch in der Camphauser Straße. Dennoch müssen sich Autofahrer auf zusätzlich­e mobile Blitzer gefasst machen. Auch in unmittelba­rer Nähe der fest installier­ten.
FOTO: MATTHIAS ZIMMERMANN Starre Radarsäule­n stehen auch in der Camphauser Straße. Dennoch müssen sich Autofahrer auf zusätzlich­e mobile Blitzer gefasst machen. Auch in unmittelba­rer Nähe der fest installier­ten.
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FOTO: MATTHIAS ZIMMERMANN Wer über die A 623 nach Saarbrücke­n kommt, wird am Ortsschild gewarnt.
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