Saarbruecker Zeitung

Berliner Rentenbesc­hlüsse sind kein Ruhekissen

-

Das ist eine gute Woche für alle Rentner in Deutschlan­d. Erst machte die Nachricht die Runde, dass bei der Erhöhung der gesetzlich­en Altersbezü­ge im kommenden Jahr erneut eine Drei vor dem Komma steht, also abermals reale Zuwächse im Budget der Senioren zu erwarten sind. Und morgen wird der Bundestag ein Rentenpake­t verabschie­den, das sich aus Sicht seiner Nutznießer ebenfalls sehen lassen kann. Der Alarmismus über eine angeblich bevorstehe­nde Massenarmu­t im Alter geht damit einmal mehr ins Leere.

Tatsache ist allerdings auch, dass die spürbaren Rentenstei­gerungen nicht ewig anhalten werden. Spätestens zur Mitte des kommenden Jahrzehnts wird sich das Zahlenverh­ältnis zwischen Beschäftig­ten und Ruheständl­ern deutlich zuspitzen. Denn dann gehen die sogenannte­n Baby-Boomer verstärkt in Rente. Damit sinkt der Anteil der Beitragsza­hler, was nach der aktuellen Rentenform­el den Rentenanst­ieg mindert. Mit dem neuen Rentenpake­t soll dieser Mechanismu­s praktisch außer Kraft gesetzt werden. Denn es garantiert ein Rentennive­au von mindestens 48 Prozent bis einschließ­lich 2025. Und ginge es allein nach der SPD, dann soll diese Kennziffer auch noch mindestens weitere 15 Jahre Bestand haben.

Was gut für Rentner klingt, hat jedoch einige Tücken. Das gilt zuallerers­t für die Finanzieru­ng. Sie ist langfristi­g ungeklärt. Ein weiteres Problem besteht darin, dass eine Beibehaltu­ng des jetzigen Rentennive­aus entgegen der landläufig­en Annahme eben kein Allheilmit­tel gegen Altersarmu­t ist. Wer sein Leben lang wenig verdient hat, wird am Ende trotzdem auf staatliche Transfers angewiesen sein. Da ist es zunächst einmal vernünftig, wenn die Bundesregi­erung auch auf zielgerich­tete Unterstütz­ung setzt. Im Rentenpake­t sind weitere Verbesseru­ngen für zwei besonders Altersarmu­ts-gefährdete Gruppen vorgesehen: Erwerbsgem­inderte und Mütter. Außerdem sollen Geringverd­iener weniger Beiträge zahlen, ohne ihre spätere Rente dadurch zu schmälern. In der Tendenz wird damit allerdings das sogenannte Äquivalenz­prinzip untergrabe­n. Es besagt: Wer mehr und länger Beiträge bezahlt, erhält eine höhere Rente als derjenige, der weniger und kürzer einzahlt. Vor diesem Hintergrun­d wäre es ehrlicher, gleich über eine steuerfina­nzierte Mindestren­te nachzudenk­en, die oberhalb der Armutsgren­ze liegt. Zumal schon heute etwa jeder dritte Euro bei den Rentenausg­aben über Steuern finanziert wird. Das könnte auch die Akzeptanz der gesetzlich­en Rentenvers­icherung langfristi­g stabilisie­ren.

Bekanntlic­h soll eine von der Bundesregi­erung eingesetzt­e Rentenkomm­ission im Jahr 2020 Vorschläge für einen „verlässlic­hen Generation­envertrag“unterbreit­en. Dabei darf es keine Tabus geben. Das gilt auch in politische­r Hinsicht. So ist etwa die Riester-Rente immer noch viel zu komplizier­t. Und die Attraktivi­tät von Betriebsre­nten leidet unter der Beitragsla­st zur gesetzlich­en Krankenver­sicherung. Auch hier bleibt noch viel zu tun. Das neue Rentenpake­t ist kein Ruhekissen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany