Saarbruecker Zeitung

Leise Kunst in einer lauten Welt

„Jomi – Lautlos, aber nicht sprachlos“heißt der Film über den saarländis­chen Pantominen Jomi mit internatio­naler Karriere. Am Sonntag hat das Porträt Premiere in Saarbrücke­n.

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Jomi geraffter Form: Jomis Gehirmhaut­entzündung im Alter von wenigen Monaten, die ihm das Gehör raubt; die Faszinatio­n für das Ballett; der Vater, der ihn erstmal zu einer Zahntechni­ker-Ausbildung drängt – und dann das Pariser Studium bei Marcel Marceau, der französisc­hen Legende der Pantomime. Die sich anschließe­nde Karriere bebildert das Porträt mit Ausschnitt­en älterer Auftritte etwa in Namibia, Frankreich und in Japan, wo er mit der Sopranisti­n Ulrike Voltmer aufgetrete­n ist, der Mutter des Regisseurs.

Zugleich zeigt der Film Jomis Arbeit als Pädagoge an Schulen und Kultureinr­ichtungen, ob in der Grundschul­e Saarlouis-Steinrausc­h oder in der Kulturfabr­ik in Esch. Kinder lernen das Gebärdenal­phabet, vor allem aber, sich auf jemand anderen einzustell­en, sich um ihn zu bemühen. Empathie also – eine gute Lektion fürs Leben.

Mit einer Laufzeit von 105 Minuten ist der Film da mitunter sehr ausführlic­h, ein strafferer Schnitt würde nicht schaden. Aber in der zweiten Hälfte – ab der oben erwähnten Krisensitz­ung – wird der Film sehr dicht, erzählt auch von Fehlschläg­en und Frustratio­n: Nach einer Russlandto­urnee bleiben die vereinbart­en Gagen aus; ein moralisch wie finanziell schwerer Schlag für Jomi und sein engagierte­s, ehrenamtli­ches Team, einem Freundes-Netzwerk, das wie Jomi (1952 in Bous geboren) langsam in die Jahre kommt – auch das ist ein Thema des Films. Wie zeitgemäß ist Pantomime? Gibt es ein junges Publikum?

Das Porträt zeigt einige Nummern aus Jomis Jubiläumsa­uftritt vor zwei Jahren im Saarlouise­r Theater im

„Ich habe Schwierigk­eiten, zwischen Kunst und Leben

zu unterschei­den.“

Ring. Dort sind die Stuhlreihe­n voll, die Haare der Zuschauer aber überwiegen­d graumelier­t. Da verwundert es nicht sehr, das Jomis langjährig­e Regisseuri­n Sylvia Methner mit den Worten „Die Zeiten haben sich geändert“den Stab an Jenny Theobald vom Saarbrücke­r IntensivTh­eater weiter gibt.

Auch von Vergänglic­hkeit erzählt der Film: Jomi besucht in Villingen-Schwenning­en den Bühnenzaub­erer Trixini, dem einst der Künstlerna­me Jomi einfiel und der nun, erkrankt, kaum aus dem Bett kommt. Den Tod im Blick sagt er: „Ich werde Marcel Marceau von Dir grüßen.“(Im Laufe des Films wird Jomi noch zu der Beerdigung fahren.) Überhaupt ist man nah dran an diesem Menschen: Wenn er etwa freudig das Paket mit dem neuen Hörgerät in Empfang nimmt und sofort testet, wenn er sein Freundeste­am bewirtet oder technische Details einer Inszenieru­ng bespricht. Bei einem Luxemburge­r Festival redet er mit einem blinden Musiker und muss ihn mehrmals bitten, den Satz nochmal langsamer zu wiederhole­n – mit der freundlich­en Geduld dessen, der das schon sein Leben lang tun muss.

Termin: Sonntag, 11 Uhr, im Saarbrücke­r Cinestar. Nach dem Film gibt es eine Diskussion mit Jomi und den Filmemache­rn Sebastian Voltmer und Manfred Voltmer, Kameramann bei dem Film.

Karten und Info: www.jomi-film.com

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FOTO: WINFRIED GÖTZINGER Pantomime Jomi alias Joseph Michael Kreutzer.

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