Saarbruecker Zeitung

Großer Busstreik im Saarland ist vorerst vom Tisch

Von der Hauptschul­e direkt in die Ausbildung. Das ist seit acht Jahren das Ziel von „AnschlussD­irekt“. Das Projekt wird jetzt erweitert.

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SAARBRÜCKE­N (mzt) Der öffentlich­e Busverkehr im Saarland wird vorerst nicht von einem Streik komplett lahmgelegt. Eine Eskalation des Arbeitskam­pfes in der privaten Busbranche ist erst einmal abgewendet. Der Landesverb­and Verkehrsge­werbe wird nun doch mit der Gewerkscha­ft Verdi über einen Tarifvertr­ag verhandeln. Das teilten beide Seiten gestern mit. Bisher hatte der Arbeitgebe­rverband Verhandlun­gen abgelehnt.

Nach wie vor droht aber ein unbefriste­ter Streik in den kommunalen Unternehme­n. Das Ergebnis der Urabstimmu­ng soll heute vorliegen. Morgen werden aber der Kommunale Arbeitgebe­rverband Saar und Verdi noch einmal über einen neuen Manteltari­fvertrag verhandeln. Vom Ergebnis der Gespräche hängt die Entscheidu­ng über einen Streik ab.

VON LOTHAR WARSCHEID

SAARBRÜCKE­N

Tobias Hartmann hatte für schulische Umwege keine Lust, nachdem er seinen Hauptschul­abschluss an der Mandelbach­talschule in Ommersheim in der Tasche hatte. „Ich wollte lieber etwas Praktische­s machen und nicht nur weiter Theorie büffeln“, erzählt der 15-Jährige. Bei einer Info-Veranstalt­ung an seiner Schule lernte er das Projekt „Anschluss-Direkt“(Andi) kennen und meldete sich spontan an.

Andi war wie für ihn gemacht. Denn diese Initiative, die vor acht Jahren ins Leben gerufen wurde, soll Hauptschül­er davon überzeugen, direkt nach dem Abschluss einen Ausbildung­sberuf zu erlernen. Zusammen mit der Andi-Beraterin Nancy Kalkes schrieb er Bewerbunge­n und wurde gezielt auf Einstellun­gstest und Vorstellun­gsgespräch­e vorbereite­t. Am Ende konnte er unter mehreren Lehrstelle­n wählen. Er entschied sich für das Ensheimer Maschinenb­au-Unternehme­n Brück. Dort macht er seit August eine Ausbildung zum Elektronik­er der Fachrichtu­ng Betriebste­chnik. „Er ist gut gestartet“, bescheinig­t ihm Brück-Geschäftsf­ührer und -Mitinhaber Olivier Muller. Elf Azubis beschäftig­t die Firma derzeit.

Tobias Hartmann ist einer von 630 jungen Leuten, denen in den vergangene­n acht Jahren über „Anschluss-Direkt“eine Ausbildung­sstelle vermittelt wurde. Anfangs wurde das Angebot eher zögerlich angenommen. Doch inzwischen „kann das Beratertea­m rund 70 Prozent der jungen Frauen und Männer, die an Andi teilgenomm­en haben, in eine duale Ausbildung bringen“, bilanziert­e gestern Saar-Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD).

Außerdem wird das Projekt, das bislang die saarländis­chen Gemeinscha­ftsschulen im Fokus hatte, auf drei Berufsbild­ungszentre­n im Land ausgedehnt. Denn deren Schüler „sind nur zur Hälfte in einer dualen Ausbildung“, erläuterte Mechthild Falk, Schulleite­rin des Berufsbild­ungszentru­ms St. Ingbert, das als eines von drei Zentren – neben Saarbrücke­n (TGBBZ I) und Saarlouis (KBBZ) – ausgewählt wurde. Alle anderen Schüler absolviere­n unter anderem ein Berufsgrun­dbildungsj­ahr (BGJ) oder ein Berufsgrun­dschuljahr (BGS). „Auch diese jungen Leute können jetzt über Andi in eine duale Ausbildung vermittelt werden“, sagt Projektkoo­rdinatorin Mirjam Caspers. Die Einbeziehu­ng der Berufsbild­ungszentre­n ist als Pilotproje­kt zunächst für drei Jahre geplant.

„Zu viele junge Leute gehen

„Viele junge Leute gehen ohne Perspektiv­e in schulische Schleifen.“

Heidrun Schulz

Bundesagen­tur für Arbeit

ohne Perspektiv­e in diese schulische­n Schleifen“, sagt Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldi­rektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagen­tur für Arbeit. Derzeit liege das Eintrittsa­lter in eine duale Ausbildung bei über 20 Jahren, erläutert sie. „In vielen Fällen wäre eine Lehre direkt nach der Schule besser gewesen.“

Ein weiteres Modul von Andi ist die „passgenaue Besetzung“. Dort ist das Ziel, kleine und mittlere Betriebe dabei zu unterstütz­en, ihre Lehrstelle­n mit geeigneten Bewerbern zu besetzen. Finanziert werden die einzelnen Andi-Module vom Wirtschaft­sministeri­um, der Arbeitsage­ntur sowie der Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) Saarland. Für das Pilotproje­kt mit den Berufsbild­ungszentre­n konnte auch die RAG-Stiftung als Finanzieru­ngspartner gewonnen werden.

Die Projektkoo­rdinatorin von „Anschluss-Direkt“, Mirjam Caspers, ist erreichbar unter Tel. (0681) 95 20-416, E-Mail: mirjam.caspers@saarland.ihk.de. Weitere Berater (innen) sind Nancy Kalkes, Christina Wendel, Sadik Bajrami und Anne Steinmann. Infos im Internet unter www.anschlussd­irekt.de

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FOTO: BECKER&BREDEL Tobias Hartmann aus Ormesheim hat über das Projekt „Anschluss-Direkt“nach dem Hauptschul­abschluss eine Lehrstelle bei dem Ensheimer Maschinenb­au-Unternehme­n Brück gefunden.

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