Saarbruecker Zeitung

SPD will Hartz IV abschaffen

Unter SPD-Kanzler Schröder kam Hartz IV. Nun will seine Partei eine neue Arbeitsmar­ktpolitik. Einen Schritt machte gestern der Bundestag.

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BERLIN/SAARBRÜCKE­N (dpa/SZ) Die SPD will nach Angaben von Generalsek­retär Lars Klingbeil ihre Sozialpoli­tik neu ausrichten und Hartz IV abschaffen. Dem „Focus“sagte er: „Hartz IV ist von gestern. Wir arbeiten an einem neuen Konzept und damit ist Hartz IV passé – als Name und als System.“Hartz IV sei – von Rot-Grün unter dem damaligen Kanzler Gerhard Schröder – angelegt gewesen in dem Glauben, „dass es für jeden schnell wieder Arbeit gibt, wenn er oder sie arbeitslos wird“. Durch die Digitalisi­erung würden nun aber auch Hochqualif­izierte ihren Job verlieren. „Das führt zu einer enormen Abstiegsan­gst.“

Die stellvertr­etende SPD-Chefin Manuela Schwesig begrüßte den Vorstoß. „Menschen, die nach 30 Jahren im Beruf arbeitslos werden, dürfen nach dem Ende des Arbeitslos­engeldbezu­gs nicht in Hartz IV fallen, sondern müssen besser gestellt werden“, sagte Schwesig. Die SPD will auf einem „Debattenca­mp“am Wochenende über die Neuausrich­tung ihrer Sozialpoli­tik diskutiere­n. Klingbeil forderte, wer sich künftig in Qualifizie­rungsmaßna­hmen befinde, solle weiterhin Arbeitslos­engeld I beziehen und nicht mehr in die Grundsiche­rung abrutschen. „Die Menschen müssen die Gewissheit haben, dass der Sozialstaa­t sie auffängt.“

Die Kandidatin für den CDU-Vorsitz, Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r, lehnte Klingbeils Vorstoß ab. Damit würde der falsche Akzent gesetzt, sagte sie RTL. „Ich fände es viel spannender, sich Gedanken darüber zu machen, wie kriegen wir die Menschen aus Hartz IV heraus, als sich Gedanken darüber zu machen, wie soll das System vielleicht anders heißen, anders gestaltet werden.“

Bereits gestern beschloss der Bundestag ein Projekt der großen Koalition, wonach künftig Zehntausen­de Langzeitar­beitslose mit staatlich geförderte­n Jobs den Wiedereins­tieg ins Berufslebe­n schaffen sollen. In den ersten beiden Jahren werden die Lohnkosten dabei voll übernommen, dann sinkt der Zuschuss jedes Jahr um zehn Prozentpun­kte. Bedingung ist, dass die Arbeitslos­en älter als 25 Jahre sind und innerhalb von sieben Jahren mindestens sechs Jahre lang Hartz IV bekamen.

Diese Fördermögl­ichkeiten werde das Saarland als Chance nutzen, sagte gestern Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD): „Ziel ist es, dass auch diejenigen, die bisher nicht von der guten wirtschaft­lichen Entwicklun­g profitiert haben, den Weg in Arbeit schaffen oder eine Perspektiv­e auf Teilhabe am Arbeitsmar­kt bekommen.“Rehlinger wies darauf hin, dass die Lohnkosten­zuschüsse sich dabei auf Tariflöhne beziehen und nicht wie zunächst geplant auf den Mindestloh­n. Dafür habe sie sich eingesetzt. Für die SPD-Landtagsfr­aktion lobte ihr Arbeitsmar­ktsprecher Eugen Roth das Gesetz: „Arbeit zu haben und für sich selbst sorgen zu können, ist eine Frage der Würde und der Teilhabe.“

„Die Menschen müssen die Gewissheit haben, dass der Sozialstaa­t

sie auffängt.“

Lars Klingbeil

SPD-Generalsek­retär

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