Saarbruecker Zeitung

Das Tierwohl, die Moral und der Markt

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Das Tierwohl dürfe nicht allein ein Thema der Grünen sein, sagte dieser Tage die Bewerberin um die Merkel-Nachfolge Annegret Kramp-Karrenbaue­r. „Das interessie­rt auch CDU-Wähler.“

In der praktische­n Politik der Union, aber auch des Koalitions­partners SPD, ist das noch nicht angekommen, wie die Verlängeru­ng der Möglichkei­t zur betäubungs­losen Ferkelkast­ration zeigt, die die große Koalition heute im Bundestag zur Debatte stellt. Die Agrarlobby hat wieder ganze Arbeit geleistet. Wie schon bei der Käfighaltu­ng ist ihre Strategie klar: Wenn man Veränderun­gen nicht komplett verhindern kann, gilt es, sie wenigstens so lange wie möglich hinauszusc­hieben. Vorwände finden sich immer. Man kann darauf wetten, dass dem gestrigen Vorstoß von Agrarminis­terin Julia Klöckner (CDU) gegen das Schreddern männlicher Küken ein ähnliches Schicksal beschert sein wird. Obwohl hier sehr überzeugen­de Vermeidung­stechniken vorliegen. Die Geflügelwi­rtschaft hat ihre Bedenken schon angemeldet.

Das Schändlich­e an Ferkelkast­ration ohne Betäubung und Kükentöten ist: Sie sind unnötige und vermeidbar­e Tierschutz­verletzung­en. Sie geschehen nur noch aus Gründen der Wirtschaft­lichkeit. Dabei geht es sogar nur um geringe Beträge, die gespart werden sollen. Drei, vier Euro beim Ferkel; ein, zwei Cent beim Ei.

Der Mensch isst Fleisch, und deshalb ist die Verwertung von Tieren nicht zu vermeiden. Aber abgesehen davon, ob es immer so viel Fleisch sein muss, ist die große Frage, unter welchen Bedingunge­n dieses Fleisch hergestell­t wird. Immer mehr Konsumente­n fühlen sich unwohl mit der Tatsache, dass eben nicht alles Mögliche getan wird, um Tieren unnötiges Leid zu ersparten. Ihre langjährig­e, sehr konsequent­e Politik bei diesem Thema macht auch einen Teil des Erfolges der Grünen aus. Das hat Kramp-Karrenbaue­r nicht gesagt.

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