Saarbruecker Zeitung

Bundestag streitet über UN-Migrations­pakt

Die AfD warnt: Mit dem Regelwerk verliert Deutschlan­d seine Souveränit­ät. Die anderen Parteien reagieren fassungslo­s.

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(dpa/epd/kna/SZ) Scharfe Kritik an der AfD: In einer hart geführten Bundestags­debatte über den geplanten UN-Migrations­pakt ist die Partei gestern auf entschiede­nen Widerspruc­h gestoßen. Abgeordnet­e von Union und SPD wie auch anderer Opposition­sparteien warfen ihr vor, „Angstmache vor Migration“zu betreiben und eine internatio­nale Ordnung für geregelte Migration behindern zu wollen. Wer den Pakt ablehne, sorge dafür, dass Standards in anderen Ländern nicht angehoben würden und mehr Leute nach Deutschlan­d kämen, sagte Stephan Harbarth (CDU). „Wir müssen die Standards weltweit angleichen.“SPD-Politiker Christoph Masche warf den Rechtspopu­listen vor, „Lügen“zu verbreiten.

Die Bundesrepu­blik gehört zu den mehr als 180 Staaten, die das Abkommen ratifizier­en wollen. Staaten wie die USA, Ungarn, Österreich oder Tschechien lehnen es ab. Auch die AfD hat beantragt, dass Deutschlan­d den Pakt nicht unterzeich­nen soll.

AfD-Fraktionsc­hef Alexander Gauland sagte, dass das geplante UN-Regelwerk „der erste Schritt“sei, „Migration zu einem Menschenre­cht zu machen, das Staatenrec­ht übersteigt und zu Völkergewo­hnheitsrec­ht wird“. Auch werde Migration hier „ausschließ­lich als Quelle von Wohlstand und nachhaltig­er Entwicklun­g dargestell­t“, monierte Gauland und fügte hinzu: „Kein Wort davon, dass Migration Länder auch destabilis­ieren kann. Der Unterschie­d zwischen der Suche nach Asyl und der Suche nach einem besseren Leben wird verwischt.“Es drohe die „Preisgabe der Souveränit­ät unseres Landes“. Zudem würden Millionen Menschen aus Krisengebi­eten „angestifte­t“, sich auf den Weg zu machen, sagte der AfD-Politiker. „Linke Träumer und globalisti­sche Eliten“wollten Deutschlan­d heimlich von einem „Nationalst­aat in ein Siedlungsg­ebiet verwandeln.“

Mit ihrer Kritik stand die AfD jedoch weitgehend isoliert dar. Allerdings warfen FDP und Grüne der Groko mangelnde Aufklärung über den Migrations­pakt vor. „Sie haben zu lange geschwiege­n“, sagte beispielsw­eise der FDP-Abgeordnet­e Joachim Stamp. So habe die Regierung Gegnern des Abkommens erst die Chance für den „Propaganda­feldzug“gegeben.

Der Migrations­pakt der Vereinten Nationen hat im Kern 23 Ziele, die duurchaus mehr Rechte für Migranten beinhalten, aber auch Maßnahmen zur Grenzsiche­rung und gegen Schlepper. Familienzu­sammenführ­ungen sollen erleichter­t werden, aber auch Rückführun­gen von Migranten. Ab 2022 soll alle vier Jahre die internatio­nale Umsetzung der Vorgaben überprüft werden.

Völkerrech­tlich bindend sei das Ganze aber nicht, erklärte gestern beispielsw­eise die Völkerrech­tsprofesso­rin Anne Peters. Migranten könnten dementspre­chend nicht vor einem deutschen Gericht auf Grundlage des Pakts klagen. Von „Preisgabe der Souveränit­ät“, wie Gauland sagte, kann also keine Rede sein. Sein Vorwurf, dass Migration im Regelwerk weitgehend positiv dargestell­t werde, trifft zu, wie ein dpa-Faktenchec­k zeigt. Risiken kämen fast immer in Bezug auf die Gefahren zur Sprache, denen Migranten ausgesetzt sind, heißt es weiter.

Die UN-Sonderbeau­ftragte Louise Arbour reagierte gestern ebenfalls auf die Kritik aus Deutschlan­d und anderen Staaten. Es sei „lächerlich“zu behaupten, ein Vertragswe­rk, auf das sich sowohl Herkunfts- als auch Transit- und Aufnahmelä­nder geeinigt hätten, werde Migration anwachsen lassen, erklärte sie im „Tagesspieg­el“. „Der Vertrag fördert Migration nicht, und er verhindert sie nicht. Er anerkennt, dass sie eine Realität ist.“

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FOTO: VON JUTRCZENKA/DPA Marco Buschmann (FDP, l.) und Alexander Gauland, AfD-Fraktionsc­hef, streiten sich lautstark während der Plenarsitz­ung im Bundestag.

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