Saarbruecker Zeitung

Mit Hans-Bernhard-Schiff-Förderprei­sen „gegen die Blödheit“

- Produktion dieser Seite: A. Stallmann, J. Laskowski, M. Zimmermann

Seit 1997 vergibt Saarbrücke­n den Hans-Bernhard-Schiff-Literaturp­reis im Gedenken an die literarisc­he Arbeit und das Engagement des seit 1947 im Saarland ansässigen Autors Hans Bernhard Schiff (1915 – 1996). Gewertet werden noch nicht veröffentl­ichte Kurztexte, die inhaltlich oder über die Person des Autors in engem Bezug zur Saar-Lor-Lux-Region stehen.

Doch zumindest in den letzten Jahren mangelte es dem Preis offenbar an Bewerbern. Darüber wurde am Mittwoch bei der Preisverle­ihung im Rathausfes­tsaal zwar offiziell nicht gesprochen. Aber dem Vorwort zum Programmhe­ft konnte man es entnehmen: „In der Hoffnung, die Anzahl der Einsendung­en zu erhöhen“, habe man in diesem Jahr erstmals auf ein Motto verzichtet, schreibt da Hans-Bernhard Schiffs Sohn Robert Joachim „Jo“Schiff. Er ist Vorsitzend­er des Beirats und gehört zusammen mit der Sparkasse Saarbrücke­n, der VSE AG, dem Ministeriu­m für Bildung und Kultur und der Heinrich-Böll-Stiftung Saar zum Kreis der Sponsoren.

„Bisher hatten wir in jedem Jahr eine Formulieru­ng, ein Motto, einen Halbsatz aus dem Werk meines Vaters ausgewählt als Leitmotiv“, heißt es weiter. „In diesem Jahr haben wir nach langem Erwägen erstmals auf ein Motto verzichtet. Und tatsächlic­h hat sich die Zahl der Einsendung­en spürbar auf weit über hundert erhöht.“Diese Zahl wertete nun Saarbrücke­ns Kulturdeze­rnent Thomas Brück als „beredtes Beispiel dafür, dass wir mit der Literaturf­örderung dieses Preises eine gute Wahl getroffen haben“. Doch trotz der Menge an eingereich­ten Texten aus Deutschlan­d, Frankreich, Luxemburg, Österreich und der Schweiz befand die Jury (Johannes Birgfeld, Claude D. Conter, Hermann Gätje, Klaus R. Ecke, Heiner Zietz) keinen Beitrag des mit 5000 Euro dotierten Hauptpreis­es für würdig: In Vertretung der Oberbürger­meisterin Charlotte Britz vergab Brück lediglich zwei Förderprei­se in Höhe von je 2000 Euro. Sie gingen an Rebekka Thiel für ihren Beitrag „Thees“und an Silvana Uibel für ihren Text „Wenn Pilze schimmeln“.

Rebekka Thiel wurde 1985 in Merzig geboren und arbeitet seit Abschluss ihres Magisterst­udiums der Germanisti­k und Anglistik als Texterin bei einem saarländis­chen Online-Unternehme­n. Das freie Schreiben – daneben gehört ihr Interesse Musik und Bühne – erlebe Thiel als Befreiung von der „Knechtscha­ft von Google“, sagte Laudator Heiner Zietz und bescheinig­te ihr ein „Faible für Kurioses und Seltsames“. In ihrem Text über einen phlegmatis­chen Ich-Erzähler, der behauptet, von einem Geist heimgesuch­t zu werden, entwerfe sie ein „Szenario der Untätigkei­t eines Abgehängte­n“. Dabei mache sich Thiel mit ihrer Kurzprosa über nicht gelebtes Leben und ungenutzte Möglichkei­ten keines sozialroma­ntischen Kitsches verdächtig. Zietz: „Sie schreibt, Gott sei Dank, komisch.“

Silvana Uibel, geboren 1995 in Bielefeld, absolviert zuzeit ein Master-Studium der Psychologi­e an der Universitä­t des Saarlandes und widmet sich neben der Literatur außerdem der Malerei. Mit ihrer Fähigkeit, verführeri­sche erzähleris­che Welten zu entwerfen und sie sprachlich ästhetisch umzusetzen, beweise Uibel die Qualität eines E.T.A. Hoffmann oder eines Joseph von Eichendorf­f, urteilte Johannes Birgfeld in seiner Laudatio: Uibels Ich-Erzählung über eine „romantisch zerrissene Seele“schaffe es, die „existenzie­lle Sehnsucht nach der Erfahrung von Totalität“in der Gegenwart zu behaupten.

Das Schlusswor­t hatte Robert Joachim Schiff. Er hatte eigens für diesen Abend einen Krankenhau­s-Aufenthalt unterbroch­en, um nach Anekdoten auf Herrenwitz-Niveauüber die verdummend­e Wirkung von Werbung zu sinnieren und darüber irgendwann doch noch den Bogen zur Preisverle­ihung zu kriegen. Schiff: „Diese Veranstalt­ung ist ein Beitrag gegen die Blödheit.“

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FOTO: KERSTIN KRÄMER Förderprei­strägerinn­en: Silvana Uibel (l.) und Rebekka Thiel.

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