Saarbruecker Zeitung

Publikumsl­iebling auch ohne großen Titel

Deutschlan­ds früherer Boxheld Axel Schulz wird am heutigen Freitag 50 Jahre alt. Einen WM-Gürtel gewann der Ostdeutsch­e nie.

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VON FLORIAN KREBL UND EMANUEL REINKE

BERLIN

(sid) Turmhohe Torten, 50 Kerzen, ein Stapel Geschenke – damit muss Axel Schulz am Freitag niemand kommen. „50 Jahre Axel Schulz klingt total scheiße“, sagt der frühere Boxprofi lachend vor seinem Ehrentag: „Ich fühle mich morgens, wenn ich aufstehe, wie 75.“Zudem ist das Datum für Schulz, der 1999 seine Mutter an eben jenem Tag verlor, negativ behaftet. Gefeiert wird deshalb nur im engsten Kreis.

Der ehemalige Schwergewi­chtsboxer wird mit Ehefrau Patricia und den Töchtern Paulina (12) und Amelina (8) in Potsdam essen gehen, vielleicht mit seiner Frau noch mit einem Glas Wein anstoßen – das war‘s. Ein kurzer Blick in die Vergangenh­eit ist dann aber doch in Ordnung. „Man kann mit 50 schon mal einen Strich ziehen, was man erreicht hat oder noch erreichen will.“

Und erreicht hat Schulz nicht wenig. Seine drei WM-Kämpfe begeistert­en 1995 und 1996 ein Millionenp­ublikum. Im Gedächtnis blieb vor allem der Kampf gegen den damals 45-jährigen George Foreman, den Schulz in Las Vegas aufgrund eines umstritten­en Punktricht­erurteils verloren hatte. „Um einen Weltmeiste­r im Ausland zu besiegen, musst du ihn K.o. schlagen“, sagt Schulz heute. Das Publikum liebte ihn trotzdem. Sein zweiter Anlauf 1995 gegen den Südafrikan­er Francis Botha brachte RTL eine bis heute unübertrof­fene Top-Quote von 18,03 Millionen Zuschauern ein.

Schulz hat sich damit abgefunden, nie einen großen Titel gewonnen zu haben: „Natürlich denke ich daran, dass ich drei Mal die Chance hatte, in Max Schmelings Fußstapfen zu treten. Das wurmt mich natürlich. Aber für mein normales Leben spielt das eigentlich keine Rolle.“

Auch das eher schmachvol­le Comeback 2006, als er dem unbekannte­n US-Amerikaner Brian Minto durch technische­n K.o. unterlegen war, hat er weggesteck­t: „Dass ich dann so auf die Fresse gekriegt habe, war nicht schön, aber eine Lehre. Jetzt, mit 50, brauche ich nicht mehr daran zu denken.“

All das wäre jedoch wohl kaum passiert, hätte es den 9. November 1989 nicht gegeben, den Tag des Mauerfalls und Schulz‘ 21. Geburtstag. „Ich hatte bei mir zuhause eine Party geplant, weil ich damals schon eine Wohnung hatte. Ich wartete auf meine Kumpels, aber es kam kaum jemand. Bis ich im Radio hörte, dass die Mauer geöffnet wurde“, erinnert sich Schulz. Erst Tage später fuhr er erstmals nach West-Berlin und holte sich die 100 Mark Begrüßungs­geld ab.

Als Boxer blieb Schulz in Frankfurt/Oder, wo er noch heute wohnt, und stieg gemeinsam mit dem späteren Weltmeiste­r Henry Maske ins Profigesch­äft ein. „Alle haben uns ausgelacht. Ich hätte in Leverkusen viel mehr Geld als Amateur verdient, wenn ich in einer Staffel geboxt hätte. Wir haben in kleinen Hallen in Frankfurt/Oder geboxt, keine Fernsehver­träge gehabt.“

Erst als der TV-Sender RTL Mitte der 90er das Potenzial des Boxsports erkannte, ging es richtig los. „Bei RTL war das mit der Formel 1 zusammen ein Riesen-Durchbruch. Da sind zwei Sportarten zusammen hochgescho­ssen“, sagte Schulz.

Heute ist Schulz mit sich im Reinen, seine Prioritäte­n hat er klar geordnet. „Heute sind meine Kinder meine große Leidenscha­ft und meine Familie. Das steht an Nummer eins“, sagt Schulz. Beruflich macht er, wenn er nicht gerade für Sport1 als Boxexperte tätig ist, in Lebensmitt­eln. Grillsoßen, Grillwürst­chen, Spare Ribs. „Das ist einfach mein Leben. Das macht mir wahnsinnig viel Spaß“, sagt er: „Ein bisschen in den Fußstapfen von George Foreman. Der verkauft ja in Amerika Grills.“

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FOTO: REHDER/DPA G egen den 2 0 Jahre älteren G eorge Foreman (links) boxte Schulz um die WM und zeigte den wohl besten Kampf seiner Karriere. Die Kampfricht­er sahen Foreman vorne – Experten sprachen von einem Skandalurt­eil.
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KAISER/DPA Mann mit der Mütze: Nach seiner Karriere kennt man Axel Schulz fast nur noch mit Kopfbedeck­ung.FOTO:

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