Saarbruecker Zeitung

„Sonnyboy“Macron fehlt inzwischen der Glanz

Frankreich­s Präsident empfängt am Sonntag die Mächtigste­n der Welt. Dabei geht es um das Weltkriegs-Gedenken – und den guten Ruf des Politstars.

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Der französisc­he Präsident folgt jedes Jahr am 11. November demselben Ritual: Fahrt über die Champs-Elysées, Kranzniede­rlegung am Triumphbog­en und Entzündung der Flamme am Grab des unbekannte­n Soldaten. Zum hundertste­n Jahrestag des Waffenstil­lstands im Ersten Weltkrieg bekommt diese Zeremonie am Sonntag eine neue Dimension. Denn um elf Uhr wird Emmanuel Macron vor Dutzenden Staatsober­häuptern das Wort ergreifen, um eine der wichtigste­n Reden seiner Amtszeit zu halten. Nicht nur, weil Donald Trump, Wladimir Putin und Angela Merkel ihm zuhören. Sondern auch, weil er mit der internatio­nalen Inszenieru­ng ein Stück der Würde zurückgewi­nnen muss, die er in den vergangene­n Monaten im eigenen Land verloren hat.

Seine Popularitä­tswerte liegen unter 30 Prozent und seine Partei fällt in einer Umfrage zur Europawahl hinter die der Rechtspopu­listin Marine Le Pen zurück. Mit einer sechstägig­en Tour durch die Weltkriegs­schauplätz­e im Norden und Osten wollte Macron diese Woche verlorenes Vertrauen zurückgewi­nnen, doch die Operation misslang gründlich. Die Franzosen zeigten ihre Unzufriede­nheit gleich mehrmals. „Herr Präsident, Sie sind hier nicht willkommen“, rief ihm ein Arbeiter im Renault-Werk in Maubeuge zu. Was als Rundreise durch das ländliche Frankreich gedacht war, wurde so zu einer Art Kreuzweg mit 17 Stationen.

Umso wichtiger ist für den Präsidente­n, dass nun zumindest das Wochenende gelingt. Um seine internatio­nale Bedeutung zu stärken, bietet der 40-Jährige für seine Gäste viel auf: Abendessen im Musée d’Orsay, Besuch der Picasso-Ausstellun­g und Konzert im Schloss Versailles. Doch auch das beeindruck­ende Programm kann nicht darüber hinwegtäus­chen, dass der einstige Sonnyboy internatio­nal an Glanz verloren hat.

Vorbei sind die Zeiten, als die Welt dem Charme des jungen Präsidente­n zu erliegen schien. Die offen demonstrie­rte Männerfreu­ndschaft mit dem unberechen­baren Donald Trump schien dafür der beste Beweis. Damals dachte Macron noch, er könne den US-Präsidente­n mit einem Abendessen auf dem Eiffelturm und einer Militärpar­ade wieder „in den Kreis“zurückbrin­gen. Der Ausstieg der USA aus dem Atomabkomm­en mit dem Iran, den Macron zu verhindern versuchte, zeigte ihm im Frühjahr das Gegenteil.

Ähnlich erging es dem jungen Staatschef mit anderen internatio­nalen Partnern. Putin, der im Schloss Versailles noch mit steinerner Miene Macrons Belehrunge­n zum Thema Menschenre­chte zuhörte, demonstrie­rte hinterher eindrückli­ch, wie wenig ihn die Worte seines Gastgebers beeindruck­ten. Angela Merkel, auf die der Präsident für die Erneuerung Europas seine Hoffnungen gesetzt hatte, glänzte durch Abwesenhei­t. Erst wegen der langen Regierungs­bildung in Berlin, dann wegen der Querelen in der Koalition. Trotzdem darf sie am Sonntagnac­hmittag das internatio­nale Friedensfo­rum eröffnen, das nach der Gedenkfeie­r den Blick in die Zukunft richten soll.

Wenn Merkel um 15.30 Uhr spricht, wird Trump schon wieder auf dem Nachhausew­eg sein. Denn der Multilater­alismus, den die Kanzlerin verteidige­n wird, gehört nicht zu seinen Werten. Auch ein längeres Gespräch Trumps mit Putin wird es nicht geben. Verantwort­lich dafür dürfte vor allem die französisc­he Gedenktags­regie sein. Die wollte mit einem Zweiertref­fen nicht vom eigentlich­en Zweck des Tages ablenken – und vom Gastgeber. „Wenn ein russisch-amerikanis­cher Gipfel in Paris stattfinde­t, dann unter dem Vorsitz Frankreich­s. Wir sind nicht Finnland“, zitiert die Zeitung „Le Monde“einen Diplomaten.

Statt Cocktail-Diplomatie also eine Friedensko­nferenz, die künftig nach dem Vorbild der Münchner Sicherheit­skonferenz jedes Jahr abgehalten werden soll. Eine Art internatio­nales Vermächtni­s, das Macron schon jetzt hinterlass­en will. Für alle Fälle.

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FOTO: MARIN/DPA Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron

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