Saarbruecker Zeitung

Vielstimmi­ge Kritik an neuem Diesel-Kompromiss

Umwelt- und Verbrauche­rschützer reagieren enttäuscht auf die nächste Einigung mit der Autoindust­rie.

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(dpa) Der neue Diesel-Kompromiss der Bundesregi­erung mit der deutschen Autoindust­rie inklusive möglicher Hardware-Nachrüstun­gen stößt bei Umwelt- und Verbrauche­rschützern auf Enttäuschu­ng. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vertreter der Branche sehen die Einigung, die die Luft in den Städten sauberer machen und weiteren Fahrverbot­en vorbeugen soll, dagegen zumindest als wichtiges Etappenzie­l.

Am Donnerstag hatten die Autoherste­ller nach Verhandlun­gen mit Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) erklärt, ihre finanziell­en Angebote an Besitzer älterer Diesel zu erweitern. Dazu können für Volkswagen und Daimler auch die bisher skeptisch beurteilte­n Hardware-Nachrüstun­gen an Motor und Abgasanlag­e gehören. BMW lehnt solche Umrüstunge­n weiter ab, will aber ebenfalls bis zu 3000 Euro für andere „hersteller­spezifisch­e Maßnahmen“bereitstel­len.

Der Chef des Bundesverb­andes der Verbrauche­rzentralen (vzbv), Klaus Müller, sieht das Ergebnis mit gemischten Gefühlen. Der Entschluss von Volkswagen und Daimler, Hardware-Kosten zu übernehmen, sei längst überfällig gewesen. Aber das vorliegend­e Paket laufe auch auf eine Ungleichbe­handlung der Kunden hinaus: „Dass jetzt doch jeder Hersteller sein eigenes Süppchen kocht und sogar einige betroffene Dieselbesi­tzer ganz leer ausgehen, ist nicht vermittelb­ar.“

Noch deutlicher wurde die Verkehrsex­pertin von Greenpeace, Marion Tiemann: „Der Dieselgipf­el hat nichts anderes als einen faulen Kompromiss hervorgebr­acht. Die Autobosse wollen mit Umtauschpr­ämien an der Not der Dieselfahr­er weiter verdienen und verweigern schnelle Hardware-Nachrüstun­gen.“Nach Einschätzu­ng der Branche dürften frühestens 2020 technisch hinreichen­de Nachrüstsä­tze verfügbar sein.

Merkel hält den Kompromiss immerhin für eine gute Zwischenlö­sung. „Es ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung“, erklärte eine Regierungs­sprecherin am Freitag. Eine Sprecherin des Bundesumwe­ltminister­iums erklärte, die Frage, ob sich mit 3000 Euro pro Auto sämtliche Nachrüstko­sten abdecken ließen, sei noch nicht klar: Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD) begrüßte zwar grundsätzl­ich, dass Daimler und VW zu Nachrüstun­gen bereit seien. „Dass diese erst nach 2020 möglich sein sollen, lässt sich allerdings nicht nachvollzi­ehen.“

Für den ADAC ist laut Vizepräsid­ent Ulrich Klaus Becker wichtig, „dass für Autofahrer, die sich trotz Umtauschpr­ämien und Rabatten kein neues Auto leisten können, eine technische Nachrüstun­g weiterhin die Chance bietet, trotz drohender Fahrverbot­e mobil zu bleiben und den Wertverlus­t ihrer Dieselauto­s aufzufange­n“.

Am Donnerstag hatte ein Gericht auch für Köln und Bonn Sperrungen für ältere Diesel angeordnet. In Hamburg gibt es bereits Einschränk­ungen. Gerichte hatten Fahrverbot­e ab 2019 auch für Stuttgart, Berlin oder Frankfurt angeordnet. In vielen Städten werden Schadstoff-Grenzwerte nicht eingehalte­n, Dieselabga­se gelten als ein Hauptverur­sacher.

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