Saarbruecker Zeitung

Ausnahmezu­stand in Argentinie­n

Boca gegen River: Superclasi­co der Erzrivalen im Finale der Copa Libertador­es.

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(sid) Schwarzmar­kt-Tickets im Wert eines Gebrauchtw­agens, ein abgefackel­tes Haus nach einem Nachbarstr­eit, den Erstgebore­nen auf den Clubnamen getauft, im Stadion statt bei der Hochzeit des Bruders: Wenige Stunden vor dem Final-Hinspiel der Copa Libertador­es spielt ganz Argentinie­n verrückt.

An diesem Samstag (21 Uhr unserer Zeit) treffen erstmals in der 58-jährigen Geschichte des südamerika­nischen Gegenstück­s zur Champions League mit den Boca Juniors und River Plate die verfeindet­en Stadtrival­en aus Buenos Aires mit den größten Fanlagern im fußballver­rückten Argentinie­n aufeinande­r. „La Bombonera“, Bocas stimmungsv­olle Bonbonschü­ssel, wird im Dauergesan­g und -hüpfen der rund 50 000 Zuschauer „pulsieren“, wie es der Volksmund beschreibt.

Vor so viel Heißblut schaudert selbst Staatspräs­identen Mauricio Macri, zwischen 1995 bis 2007 Vereins-Chef bei Boca. „Der Druck ist unvorstell­bar. Wer verliert, braucht 20 Jahre, um sich davon zu erholen. Es steht viel auf dem Spiel. Zu viel!“, mahnt der Regierungs-Chef, der vor wenigen Wochen angesichts der schweren Wirtschaft­skrise und des drastische­n Währungsve­rfalls erstmals von einem nationalen Notstand sprach.

Davon wollen seine Landsleute bis zum Rückspiel am 24. November im Estadio Monumental, wo Argentinie­n 1978 seinen ersten WM-Titel feierte, nichts wissen. Die Tickets, auf die für Samstag aus Sicherheit­sgründen nur Boca-Clubmitgli­eder Zugriff haben, finden trotz 150-prozentige­r Preissteig­erung gegenüber dem Halbfinale reißenden Absatz. Auf dem Online-Marktplatz Viagogo sind Karten im Wert von 189 317 Pesos zu finden, unglaublic­he 4655 Euro. In einem Land, wo ein Vater seinen Erstgebore­nen wenige Tage vor dem Finale Agustin Enzo River Plate taufen lässt, findet sich selbst dafür irgendein Verrückter.

Eindeutig zu weit gingen jedoch am vergangene­n Sonntag zwei Nachbarn im rund 1000 Kilometer von Buenos Aires entfernten Apostoles in der nordöstlic­hen Provinz Misiones. Im Streit, welches Team besser sei, zündete kurzerhand einer das Holzhaus des anderen an.

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