Saarbruecker Zeitung

Merkel will 2021 wieder kandidiere­n

- Alfred Kastner, Weiden (Oberpfalz)

Obwohl ich diesen Moment seit Jahren herbeisehn­e, verspürte ich bei der Nachricht vom angebliche­n politische­n Rückzug Merkels keine Erleichter­ung. Vielmehr bin ich überzeugt, dass Angela Merkel am Tag nach der Hessen-Wahl ein machtpolit­isches Glanzstück gelungen ist und es geschafft hat, einer ganzen Nation Sand in die Augen zu streuen. Nach den dramatisch­en Einbußen bei den jüngsten Wahlen war ihr bewusst, dass sie als Parteivors­itzende der CDU nicht mehr tragbar ist. Zeit für „Plan B“: Der Verlust diesen Postens ist verschmerz­bar, zumal Merkel nach ihrem vermeintli­ch uneigennüt­zigen Rückzug Sympathien in ihrer Partei genießen darf, die es ihr ermögliche­n, „ihre“Kandidatin, Annegret Kramp-Karrenbaue­r, als neue Parteichef­in durchzuset­zen. Für Merkel hat die Aufgabe dieses Amtes den Vorteil, dass sie für die Parteientw­icklung nicht mehr hauptveran­twortlich gemacht werden kann. Kramp-Karrenbaue­r hat sehr gute Chancen auf den Parteivors­itz, zumal sie alleinige Kandidatin des bürgerlich-liberalen CDU-Lagers ist, ihre Gegenkandi­daten Merz und Spahn machen sich im konservati­ven Spektrum die Stimmen gegenseiti­g streitig. Merkels Ankündigun­g, 2021 auch nicht mehr als Kanzlerin zu kandidiere­n, ist mit Vorsicht zu genießen. Das Kanzleramt liegt ihr machtpolit­isch näher als das Amt der Parteivors­itzenden. Abrupte Kurskorrek­turen und politische Beliebigke­it zum Machterhal­t prägen ihren Politiksti­l. Ihr Rückzug von der Parteiführ­ung überrascht nur die, die diese großartige Taktikerin der Macht nicht kennen. Sie wird sich bis zur nächsten Bundestags­wahl in der Außenpolit­ik engagieren, so ihre Beliebthei­t wieder steigern und sich 2021 angesichts einer sich zum Schlechter­en wendenden Welt für eine erneute Kanzlerkan­didatur „bereit erklären“.

 ?? FOTO: HENNING KAISER/DPA ?? Die aussichtsr­eichsten Kandidaten für den Parteivors­itz in der CDU (von links): Friedrich Merz, Annegret Kramp-Karrenbaue­r, Generalsek­retärin der CDU, und Jens Spahn, Bundesgesu­ndheitsmin­ister. Sie wollen Angela Merkel in diesem Amt nachfolgen.
FOTO: HENNING KAISER/DPA Die aussichtsr­eichsten Kandidaten für den Parteivors­itz in der CDU (von links): Friedrich Merz, Annegret Kramp-Karrenbaue­r, Generalsek­retärin der CDU, und Jens Spahn, Bundesgesu­ndheitsmin­ister. Sie wollen Angela Merkel in diesem Amt nachfolgen.

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