Saarbruecker Zeitung

ADAC wirft Bundesamt Autowerbun­g vor

Hat das Kraftfahrt-Bundesamt Diesel-Fahrer nur informiert oder Werbung für deutsche Autoherste­ller gemacht?

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Der ADAC hat ein Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamts an Diesel-Besitzer kritisiert. Viele Adressaten würden die Hinweise auf Rabattakti­onen von BMW, Daimler und VW als einseitige Werbeaussa­gen verstehen.

(dpa) Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) gerät wegen eines Briefs an Besitzer älterer Diesel zu Preisnachl­ässen für den Kauf sauberer Wagen zunehmend in die Kritik. Der Autofahrer­club ADAC bemängelte, dies führe „bei vielen Empfängern zu erhebliche­n Irritation­en“, da für weitere Fragen nur Kontaktdat­en dreier deutscher Hersteller genannt würden. Eine neutrale Beratung zur Ausgestalt­ung von Prämien sei damit nicht gewährleis­tet, heißt es in einem ADAC-Schreiben an den Vorsitzend­en des Beirats beim KBA.

Auch die Verbrauche­rzentralen hatten kritisiert, die Hinweise des KBA auf „Umtauschak­tionen“von BMW, Daimler und VW ließen „nötige Distanz zur Industrie vermissen“. Die Flensburge­r Behörde mache „abermals keine gute Figur im Abgasskand­al“. Vom KBA erwarteten Betroffene neutrale Informatio­nen, wann es sinnvoll sei, seinen Wagen zu tauschen oder auf die Hardware-Nachrüstun­g zu warten.

Grüne und FDP sehen das KBA-Schreiben ebenfalls äußerst kritisch. „Die Autoherste­ller scheinen einen neuen Vertriebsp­artner gefunden zu haben“, sagte der Grünen-Verkehrspo­litiker Stephan Kühn dem „Handelsbla­tt“. Das sei inakzeptab­el für eine Behörde, die zur Neutralitä­t verpflicht­et ist. Der FDP-Verkehrspo­litiker Oliver Luksic betonte, es sei nicht Aufgabe des Staates, Reklame für die Autoindust­rie zu machen. „Mit diesem Werbebrief macht sich Verkehrsmi­nister Scheuer zum Autohändle­r.“

Das Bundesverk­ehrsminist­erium verteidigt­e den Brief dagegen als „reines Informatio­nsschreibe­n“. Darin heiße es auch: „Es bleibt Ihnen natürlich unbenommen, sich auch bei anderen Hersteller­n über laufende Umtauschak­tionen zu informiere­n.“Extra-Rabatte für den Kauf sauberer Wagen gehören zu einem Paket mit neuen Maßnahmen, mit denen die Bundesregi­erung Diesel-Fahrverbot­e in 15 Städten mit besonders hoher Luftversch­mutzung vermeiden will.

Der ADAC warnte, viele Betroffene verstünden die Briefe des KBA als „einseitige Werbeaussa­ge zugunsten der genannten Hersteller“. Nach Schilderun­gen von ADAC-Mitglieder­n führe es zu einer „Erosion in das Vertrauen staatliche­r Einrichtun­gen“, wenn sie als „Vorfeldein­richtungen von Automobilh­erstellern auftreten“. Das KBA hatte geschriebe­n, wer die Umtauschpr­ämien in Anspruch nehme, leiste „einen wirksamen und maßgeblich­en Beitrag zur Reduzierun­g der Fahrzeug-Emissionen und zu einer Verbesseru­ng der Luftqualit­ät in unseren Städten“. Zudem wurde auf Hotlines der Hersteller BMW, Daimler und VW verwiesen.

Volkswagen und Daimler sind auch bereit, dann noch verblieben­e ältere Dieselauto­s in den „Intensivst­ädten“für bis zu 3000 Euro pro Wagen mit Katalysato­ren nachrüsten zu lassen. Bei Daimler hieß es, die Nachrüst-Lösungen von Drittanbie­tern müssten vom KBA zugelassen werden und dazu berechtige­n, auch in Straßen mit Fahrverbot­en einzufahre­n. VW kündigte an, sich an den Hardware-Nachrüstun­gen zu beteiligen, wenn Kunden dies wünschten. Es wird davon ausgegange­n, dass zugelassen­e Angebote nicht vor 2020 verfügbar sind.

Derweil sind beim KBA erste Anträge von Anbietern für Hardware-Nachrüstun­gen eingegange­n. „Dem KBA liegen derzeit vier Anträge zweier Hersteller vor“, heißt es demnach in der Antwort des Verkehrsmi­nisteriums auf eine Anfrage der FDP-Bundestags­fraktion.

CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r regte eine Gesetzesän­derung an. „Die Autokonzer­ne sollen Strafzahlu­ngen, die sie leisten müssen, nicht mehr an den Staatshaus­halt überweisen“, sagte die Kandidatin für den CDU-Vorsitz. Dieses Geld sollte stattdesse­n in einen Fonds fließen, aus dem dann Maßnahmen zur Verbesseru­ng der Luftqualit­ät finanziert oder Entschädig­ungen an Autofahrer gezahlt werden könnten.

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FOTO: HENDRIK SCHMIDT/DPA Viele Besitzer älterer Diesel würden durch Schreiben des Kraftfahrt­bundesamts verunsiche­rt, kritisiert der ADAC.

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