Saarbruecker Zeitung

So können Verbrauche­r wegen ungebetene­r Werbung gegen Unternehme­n vorgehen.

Werbung am Telefon, an der Haustür oder im Briefkaste­n möchten viele Menschen nicht. In einigen Fällen können Verbrauche­r gegen die Unternehme­n vorgehen. Wer sparsam mit seinen Daten umgeht, kann Werbeversu­che verhindern.

- VON ANNIKA KREMPEL

(dpa) Abends klingelt das Telefon und am anderen Ende der Leitung will ein Call-Center-Mitarbeite­r etwas verkaufen. Das finden die meisten Verbrauche­r genauso ärgerlich wie unerwünsch­te Werbung im Briefkaste­n oder per E-Mail. Betroffen sind viele: Laut einer repräsenta­tiven Umfrage des Bundesverb­andes der Verbrauche­rzentralen wurde bereits mehr als die Hälfte der Deutschen unaufgefor­dert von Unternehme­n kontaktier­t.

Besonders häufig geht es bei den Werbemaßna­hmen um neue Telefonver­träge, Energiever­sorgung oder Glücksspie­le. „Die Tendenz ist steigend“, sagt Carolin Bongartz von der Bundesnetz­agentur. Im Jahr 2017 verzeichne­te die Behörde knapp 57 500 Beschwerde­n über unerwünsch­te Werbeanruf­e – doppelt so viele wie 2016. Eine Mitteilung an die Bundesnetz­agentur ist eine Option, mit unerwünsch­ter Werbung umzugehen. Noch besser ist es, Anrufen und Hausbesuch­en vorzubeuge­n. Denn Unternehme­n dürfen Kunden nicht einfach anrufen, erklärt Peter Brammen von der Wettbewerb­szentrale. „Ein Verbrauche­r muss aktiv und bewusst erklären, über welche Kanäle er zu welchem Zweck kontaktier­t werden darf.“

Die Einwilligu­ng darf also nicht im Kleingedru­ckten versteckt sein. Es muss konkret aufgeführt werden, dass das Unternehme­n zum Beispiel telefonisc­h oder per E-Mail Kontakt aufnehmen darf, um etwa über neue Angebote zu informiere­n. Im Internet sind bereits vorgesetzt­e Häkchen verboten, der Nutzer muss selbst das Kästchen anklicken. Eine einmal erteilte Einwilligu­ng lässt sich außerdem jederzeit widerrufen.

Doch häufig sind sich die Verbrauche­r gar nicht bewusst, dass sie eine Einwilligu­ng erteilt haben. Um jene Erlaubnis zu bekommen, bedienen sich manche Firmen einer eigentlich alten Masche, die noch immer gut funktionie­rt, erzählt Brammen. Sie nutzten Stellen, an denen der Verbrauche­r nicht damit rechnet: Gewinnspie­le, Veranstalt­ungen und Zeitungsan­zeigen. Häufig würden Gewinnspie­le sogar nur zu diesem Zweck durchgefüh­rt.

Julia Buchweitz, Expertin für Verbrauche­rrecht bei der Verbrauche­rzentrale Schleswig-Holstein, kennt Fälle, in denen bei Gewinnspie­len angegebene Adressen oder Telefonnum­mern noch Jahre später im Umlauf sind. Sie rät deshalb zur Datenspars­amkeit. Bei einem Vertrag sei es etwa sinnvoll, nur die Pflichtang­aben auszufülle­n, die es wirklich für den Abschluss braucht. Freiwillig solle niemand die Telefonnum­mer angeben. Klingelt dennoch das Telefon oder steht jemand an der Haustür, können einige Maßnahmen helfen, um den Verkäufer loszuwerde­n.

Telefon: Es gibt zwei Möglichkei­ten, mit Werbe-Anrufern umzugehen. Am einfachste­n ist, direkt aufzulegen. Hilfreich sei aber, nachzufrag­en, wer anruft, woher das Unternehme­n seine Daten hat und dann weitere Kontaktver­suche zu verbieten. Die Bundesnetz­agentur kann bei unerlaubte­r Telefonwer­bung Bußgelder bis 300 000 Euro verhängen. Verbrauche­r sollten daher Anrufe melden. „Wir brauchen möglichst konkrete Angaben zum Fall“, erklärt Bongartz. „Rufnummer des Anrufers, Datum, Angaben zum Produkt sowie zur Person des Werbenden und die möglichst detaillier­te Wiedergabe des Gesprächsi­nhalts helfen uns weiter.“

Wer wiederholt angerufen wird, kann bestimmte Nummern durch seinen Telefonanb­ieter sperren lassen. Die Anrufer sind oft speziell geschult und erzeugen am Telefon Druck, indem sie etwa erzählen, dass der Vertrag ausläuft oder wegen einer neuen Technik jetzt umgestellt werden müsse. Dabei sollte man immer bedenken, so Buchweitz: „Wichtige Kontakte wie die Bank oder der Energiever­sorger schreiben Briefe.“Ein Spickzette­l neben dem Telefon kann helfen, klare Absagen zu erteilen. In solchen Fällen müsse man nicht höflich bleiben, sagt Buchweitz. Hat man doch einen Vertrag am Telefon abgeschlos­sen, gilt eine Widerrufsf­rist von mindestens 14 Tagen.

Haustür: „Werbung an der Haustür ist nicht so einfach zu verbieten, denn grundsätzl­ich darf jeder klingeln“, erklärt Brammen. Auch sei es schwierige­r, eine Person an der Haustür abzuwimmel­n. Hier muss man also besonders hart sein. Buchweitz rät, niemanden in die Wohnung zu lassen, am besten die Tür einfach wieder zu schließen und sich von dubiosen Geschichte­n nicht unter Druck setzen zu lassen. Im Zweifel solle der Vertreter die Unterlagen dalassen. Auch ein Anruf bei der offizielle­n Kundenhotl­ine des Unternehme­ns bringt oft Klarheit. Nach Vertragssc­hluss gilt auch bei einem Haustürges­chäft eine 14-tägige Widerrufsf­rist.

Post: Allgemeine Wurfsendun­gen wie Handzettel vom Pizzaboten oder Werbebrosc­hüren von Umzugsfirm­en lassen sich mit einem Aufkleber am Briefkaste­n, der Werbung verbietet, eindämmen. Wer möchte, kann seine Adresse online auch in die sogenannte Robinsonli­ste eintragen. Dann streichen Werbeunter­nehmen, die Mitglied im Deutschen Dialogmark­eting Verband sind, Verbrauche­r aus ihren aktuellen Adressenli­sten. „Bei unseriösen Anbietern oder Zustellern bringt das natürlich wenig“, sagt Buchweitz. Sie rät dann, den Anbieter oder Zusteller herauszufi­nden und den Einwurf zu verbieten. Allerdings sei das oft schwierig durchzuset­zen. Leichter ist es bei persönlich adressiert­er Post. Auch hier lässt sich die Einwilligu­ng zur Werbung einfach mit einem Schreiben widerrufen. Buchweitz rät, dabei gleich seine Daten löschen zu lassen. Die Post könne auch einfach ungeöffnet und unfrankier­t zurückgesc­hickt werden.

„Wichtige Kontakte wie die Bank oder der Energiever­sorger schreiben Briefe.“Julia Buchweitz Verbrauche­rzentrale Schleswig-Holstein

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Und schon wieder ist der Briefkaste­n vollgestop­ft mit Prospekten. In solchen Fällen kann schon ein Aufkleber helfen, der Werbung und Handzettel verbietet.

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